Meghan und Thomas

Was ORF, WDR und das britische Königshaus gemein haben.

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Illustration:
Blagovesta Bakardjieva
DATUM Ausgabe April 2021

Eigentlich wollte ich ja in dieser Kolumne über den Ras­sismus des englischen Kö­nigshauses schreiben, aber ich würde damit den ewig gleichen Zyklus befeuern : Es passiert irgendwas Ras­sistisches, der Person wird nicht geglaubt, und dann springen ganz viele Aktivist*innen (zu Recht !) darauf an und erklären, warum es doch rassistisch war.
Es ist realitätsfremd und respektlos, Betroffenen ihre Erfahrungen abzusprechen. Vor allem, wenn es so offensichtlich ist. Die britische Krone hat als eine der größten Kolonialmächte unzählige Menschen versklavt, ermordet – und soll nicht rassistisch sein ? Wie gesagt : respektlos und realitätsfremd.

Worüber ich aber lieber schreiben möchte, ist der Umgang der Medien mit der Frage, wem sie eine Plattform geben und wie Menschen dargestellt werden. Haben Sie je einen Schwarzen Juristen im Fernsehen gesehen ? Eine kopftuchtragende Wirtschafts­­­ex­­per­tin? Hätte von den unzähligen ­Vi­­ro­log*innen nicht zumindest eine Gamze, Mariam oder Salma ­heißen können ? Und wenn POC (People of ­Colour, Anm.) dann doch einmal ein­geladen werden, ist das › Anderssein ‹ immer Teil der Geschichte.

Ein gutes Beispiel dafür ist die His­torikerin Vanessa Spanbauer : Sie wird immer wieder eingeladen, um ihre Analysen darzubringen, jedoch wie gesagt nur dann, wenn man
auch dezidiert eine Schwarze His­torikerin zu Wort kommen lassen möchte. Ich warte auf den Tag, an dem sie in einer ORF-Doku über die Habsburger oder die Erste Republik zu sehen sein wird, in der es nicht um Rassismus und / oder Schwarzsein geht. Dabei machen Schwarze Historiker*­innen ihren Bachelor doch nicht in › Rassismus ‹!

Leider zieht sich dieses Phänomen durch alle Ebenen. Selbst in praktisch allen heimischen Filmen oder Serien muss immer erklärt werden, warum diese Person jetzt da vorkommt. Alles, was nicht autochthon österreichisch /deutsch, europäisch und christlich ist, kann nicht einfach so existieren. Wenn eine Schauspielerin Kopftuch trägt, muss dieser Umstand zwangsläufig zum Plot beitragen, meistens in einschlägiger Form von schwierigen ­Fami­lienverhältnissen, einem domi­nanten Vater, oder was auch immer. Wenn wir das Klischee zu Ende denken, kommt im besten Fall ein weißer Mann daher, rettet und befreit sie vom Kopftuch.

Eine große und schon oft vorge­tra­gene Bitte : Lasst POC zu Wort kommen, zeigt die Vielfalt – egal zu welchem The­ma. Und wenn ihr dazu einfach noch nicht in der Lage seid, dann sorgt doch bitte wenigstens dafür, dass sie bei jenen Themen zu Wort kommen, die sie unmittelbar und exklusiv betreffen. Und ja, ich sage exklusiv. Ich, zum ­Beispiel, bin keine Frau. Ich weiß also nicht, was es heißt, sich als Frau in unserer Welt zu bewegen, mit Diskriminierung, sexualisierter Gewalt oder ­geringeren Löhnen leben zu müssen. Daher brauche ich dazu auch nichts zu sagen. Also macht ein Podium mit fünf Männern zu feministischen Themen auch vorn und hinten keinen Sinn.

Genauso wenig macht es Sinn, wenn etwa der ORF und der WDR eine weiße Runde über Rassismus debattieren lassen ! Liebe Sendungsverantwortliche, schaut darauf, dass eure Podien so gestaltet sind, dass sie nicht nach hübschhomogenen, autochthonen Familienfeiern aussehen. Wir wollen diverse Perspektiven und Betroffene sprechen hören! Wir wollen Rassismusexpert*­innen über die Vielschichtigkeit des Problems sprechen hören, anstatt uns im WDR von Thomas Gottschalk er­klären zu lassen, warum wir von Be­griffen wie Mohr und dem Z*Wort gefälligst nicht beleidigt zu sein haben. Es liegt in eurer Hand, und es wäre allerhöchste Zeit dafür. •