Mein Datum: 27. Dezember 2011

Die ehemalige Frauenministerin Maria Rauch-Kallat über die Aufnahme der ›Töchter‹ in die österreichische Bundeshymne.

DATUM Ausgabe November 2021

Als am 27. Dezember vor zehn Jahren das Bundeshymnengesetz verlautbart wurde und die Töchter in den Liedtext aufgenommen wurden, habe ich nicht gefeiert. Der Weg zur Änderung war ein so langer, ich wollte mir keinen Stress mehr machen. Zu Silvester habe ich dann einen Sekt darauf getrunken, denn ich verspürte doch enorme Genugtuung. 

›Wissend, dass es in der Tat auch dringlichere Anliegen in der österreichischen Innen­politik gibt, aber auch mit der Überzeugung, dass Sprache wie kein anderes Medium ­Bewusstsein prägt‹, so lautet die Rede, mit der ich 2011 die Änderung einleiten wollte. Ich hielt sie aber nicht. Karlheinz Kopf, damals övp-Klubobmann, ließ durch seinen Auftrag zum Filibustern, also das Endlosreden meiner Fraktionskollegen im Nationalrat, meine Sprechzeit verbrauchen.

Kopf war verärgert, weil ich ihm nicht von dem überparteilichen Vorstoß erzählt hatte. Er wollte keine Überraschungen anlässlich meines Rückzugs aus dem Nationalrat, ­Gegenteiliges garantiert habe ich ihm aber auch nie. Er hätte mich nach so langer Zeit kennen sollen. Ich nehme ihm das nicht mehr krumm. Heute ist die Sache begraben. Rückblickend bin ich ihm dafür sogar dankbar. Den Antrag konnte ich trotzdem einbringen und ohne diese mediale Aufregung über einen Streit in der övp wäre der Vorschlag vielleicht untergegangen – auch wenn er gut geplant war.

Ich sprach schon Monate davor mit Chefredakteuren über ihre Meinung zur potenziellen Änderung unserer Bundeshymne, auch mit Christoph Dichand von der Krone. Sein Vater hatte mir den Vorschlag während meiner Zeit als Frauenministerin schließlich mit einer Kampagne erschlagen. Rückblickend war die Änderung von langer Hand vorbe­reitet. Ins Blaue hinein wäre mein Vorstoß gescheitert. 

Mit so viel Hass und Emotionen habe ich aber nicht gerechnet. Gabalier zum Beispiel hat die Hymne ja Jahre später noch anders gesungen. Wobei er wusste, dass das ein toller Marketing-Stunt für ihn sein würde. Das hat er mir nach einer zib2 auch gestanden. Gabalier hat aber kurz danach einen Rückzieher gemacht. Aber wir haben immer noch einen ­weiten Weg zu gehen.

Aber: Der ORF hat vor ein paar Jahren Kinder dazu interviewt. Die haben unisono gemeint, dass unsere Töchter in der Bundeshymne natürlich Platz haben müssen. Sonst würde man glauben, dass es keine Frauen in Österreich gäbe. Bei den jungen Leuten hat die Änderung also etwas bewirkt.

Wenn keiner mehr die alte Hymne kennt, ist der Streit vorbei. Ich möchte noch eine Zeit lang leben und der Gabalier auch, aber im 22. Jahrhundert wird das Thema niemanden mehr interessieren. Wir haben heute eine Hymne und die wird gesungen. Sanktion gibt es Gott sei Dank keine, denn ich bin überzeugt, dass immer noch manche die alte Version bevorzugen. Aber ganz ehrlich: Das Problem löst sich mit der Zeit von selbst.

Zur Person: 

Maria Rauch-Kallat war Lehrerin, bevor sie in der övp Karriere machte. Sie diente in mehreren Bundesregierungen als Ministerin und war unter anderem für die Fachbereiche Gesundheit, Familie und Frauen zuständig. Seit ihrem Ausstieg aus der Politik arbeitet sie als Unternehmensberaterin.

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