Moderne Sklaven

DATUM Ausgabe Oktober 2024

Was haben Österreichs Paketzusteller, Essenslieferanten, Reinigungskräfte und Forstarbeiter gemeinsam? Nun, sie sind fast immer Migranten, erledigen das, was man auf gut Wienerisch eine ›Oaschhackn‹ nennt, werden dafür meist unterdurchschnittlich bezahlt und verfügen kaum oder gar nicht über soziale Absicherung.

Der Journalist Johannes Greß geht den Geschichten jener Menschen, die Österreich täglich am Laufen halten und dabei am oder unter dem Existenzminimum leben, in seinem neuen Buch ›Ausbeutung auf Bestellung‹ auf den Grund. Er arbeitet die typischen Charakteristika und Mechanismen jener irregulären Beschäftigungsverhältnisse heraus, mit Hilfe derer Firmen im Dienstleistungsbereich ein zeitgenössisches Ausbeutungssystem etabliert haben, das parallel zum österreichischen Sozialstaat existiert und diesen untergräbt. Dabei zeigt Greß’ Recherche unter anderem, dass die unerträgliche Situation Österreichs Behörden durchaus im Detail bekannt ist. Die zuständigen Ministerien sehen aber keine gesetzliche Handhabe, um gegen die an den Manchester-Kapitalismus erinnernden Verhältnisse vorzugehen.

Scheinselbstständigkeit heißt das Zauberwort, das 17-Stunden-Schichten, Bezahlung weit unter dem Kollektivvertrag und Hire-and-Fire ohne Kündigungsfristen ermöglicht. Greß’ Bericht ist keine neutrale Bestandsaufnahme, sondern ein aktivistisch grundiertes Pamphlet für die Veränderung der Machtverhältnisse, die solche Zustände hervorbringen. Es gibt wenig Gründe, den Argumenten des Autors nicht zu folgen. 

Johannes Greß / ›Ausbeutung auf Bestellung‹ / ÖGB-Verlag 2024

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