Österreich, wir müssen reden

Der russische Angriff auf die Ukraine hat die internationale Ordnung auf den Kopf gestellt. Die heimische Politik tut weiterhin so, also ginge uns das alles nichts an. Dabei haben die Verwerfungen der Weltpolitik immer größeren Einfluss auf unseren Alltag.

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Andreas Leitner
DATUM Ausgabe Dezember 2022/Jänner 2023

Er sei sehr unglücklich, dass diese Diskussion nicht dort geführt wird, wo sie hingehört: hinter verschlossene Türen. So antwortete Außenminister Alexander Schallenberg im August im Ö1-Morgenjournal auf die Frage, ob die Vergabe von Schengen-Visa für russische Staatsbürger erschwert werden soll oder nicht. Die Antwort ist typisch dafür, wie im Außenministerium am Minoritenplatz gedacht wird. Außenpolitik geht die breitere Öffentlichkeit nichts an, über Entscheidungen soll erst dann ­informiert werden, wenn sie bereits gefallen sind.

Eine riskante Strategie. Denn in immer mehr Bereichen klaffen die außenpolitischen Positionen der Republik und die öffentliche Meinung deutlich auseinander. Eine breitere Öffentlichkeit bemerkte das erstmals beim Streit um den UNO-Migrationspakt im Jahr 2018. Österreichische Diplomaten hatten dieses Abkommen zur Regelung der weltweiten Migration federführend mitverhandelt. Mit Verweis auf die Stimmung in der Bevölkerung verweigerte die damalige türkis-blaue Regierung dann aber den Beitritt. Am Minoritenplatz sorgte das für massive Frustration. 

Noch offensichtlicher wurde es beim Atomwaffen-Verbotsvertrag. Das Abkommen soll langfristig zu einer atomwaffenfreien Welt führen. Ohne die ­Initiative der österreichischen Diplomaten Thomas Hajnoczi und Alexander Kmentt wäre es in dieser Form nicht zustande gekommen. Als der Vertrag im Jänner 2021 in Kraft trat, veröffentlichte das Außenministerium ein Video, in dem die Folgen der Explosion einer Atombombe im Zentrum von Wien gezeigt wurden. Es folgte ein politischer Aufschrei, der fast die ganze Republik aufscheuchte. Dem Außenministerium war es nicht gelungen, den Inhalt des Vertrages und die Rolle Österreichs zu erklären. Statt einen außenpolitischen Erfolg zu feiern, erntete Außenminister Schallenberg einen Shitstorm erster Güte. Doch im Vergleich zu dem, was in den kommenden Monaten auf dem Spiel steht, erscheint das wie eine Lappalie. Es geht um die Frage, wie wir auf den illegalen russischen Angriffskrieg auf die Ukraine reagieren und welche Position Österreich dabei einnehmen soll.

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