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›Tobende Chefs gibt es immer noch‹

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Fotografie:
Ursula Röck
DATUM Ausgabe Oktober 2022

Name : Peter Fast-Kriegel, 55

Beruf : Koch/Sous-Chef 

 

Welche Rolle haben Sie in der Küche?

Ich bin Sous-Chef und damit der Stellvertreter des Küchenchefs. Damit bin ich im Grunde Bindeglied zwischen ihm und dem Rest des Teams.

Was ist das Wichtigste beim Kochen in einem Restaurant? 

Vorbereitung ist essenziell. Saucen ansetzen, Fleisch oder Gemüse kontrollieren. Manche Gerichte kochen wir bereits am Vortag, weil sie dann besser schmecken und es Zeit spart. Gulasch oder geschmorter Rindsbraten zum Beispiel.

Wie lange arbeiten Sie als Koch im Schnitt pro Tag?

Zwischen neun und zwölf Stunden. 

Wie ist der Umgangston in der Küche?

Früher war er rauer. Das konnte ich selbst während meiner Lehrzeit erleben. Chefs, die schreien und toben, gibt es immer noch. Mit dem Generationenwechsel kam aber auch ein Mentalitätswechsel. Junge Chefköche gehen oft besser mit ihren Mitarbeitern um.

Verletzen Sie sich oft während der Arbeit?

Ja, ich schneide mich regelmäßig leicht in die Finger oder verbrenne sie mir. Lang Zeit habe ich in den Händen kaum noch Hitze empfunden. Da sich abgestorbene Nerven aber regenerieren, spüre ich langsam wieder mehr.

Welche Rolle spielen vorgefertigte Lebensmittel in Österreichs Küchen? 

Das ist je nach Betriebstyp unterschiedlich. Mehr als die Hälfte der Gasthäuser und Betriebe kochen mit vorgefertigten Saucen und so weiter. Wenn die Qualität gut ist, finde ich das an sich legitim. Mir ist es beim Kochen aber wichtig, mit frischen und natürlichen Zutaten zu kochen. 

Wie wirkt sich die Nachfrage nach Lieferservices auf ihre Arbeit aus? 

Sehr, denn wir müssen viel vorbereiten. Und Küchen sollten nur liefern, was auch dafür geeignet ist. Wenn Essen lauwarm wird, können sich Bakterien und Viren vermehren. Also muss ich es aufwärmen. Mit einem Schnitzel geht das nicht. Oder mit Pizza. Es ist mir unbegreiflich, wie Menschen lasche, nasse Pizza schmecken kann. 

Wie helfen Sie sich, wenn es in der Küche stressig ist? 

Ich suche mir eine meditative -Arbeit, hacke Petersilie oder Schnittlauch. Aber viele Köche -leiden -meines Erachtens an einem Alkoholproblem. Einige probieren Cannabis, Speed oder Kokain. Aber fast alle, die ich kenne, haben damit bald wieder aufgehört. Das macht den Stress nur schlimmer. Bei uns in der Küche tolerieren wir so etwas jedenfalls nicht. 

Wie viel verdient ein gelernter Koch?

Nicht allzu gut. Damit sich die Preise auf den Speisekarten aus-gehen, sparen viele beim Personal. Als Einsteiger bekomme ich 1.500 netto und als mittelmäßig erfahrener Koch knapp unter 2.000. Ich selbst verdiene mittlerweile besser.

Warum steht Ihrer Meinung nach der Beruf des Kochs auf der Liste der Mangelberufe?

Weil ein niedriger Kollektivvertrag und meist schlechte Arbeitsbedingungen niemanden anziehen. Immer seltener kommen Arbeitskräfte aus unseren Nachbarländern, um für wenig Geld zu arbeiten. Gastronomen haben die Probleme aber selbst verursacht. Sie sind nicht gewillt, Löhne anzuheben oder die Vier-Tage-Woche einzuführen. Unsere Jugend möchte eine bessere Work-Life-Balance, und ich verstehe sie total. 

Warum sollte ein junger Mensch trotzdem Koch werden?

Weil es ein sehr schöner Beruf ist, der Körper und Geist fordert und fördert. Unfaire Arbeitsbedingungen gehören derzeit aber leider noch dazu. •

 

Zahlen und Fakten:

Zum Fachverband Gastronomie gehören 60.000 Betriebe. Die österreichische Gastronomie beschäftigt über 160.000 Menschen und setzt circa 11,2 Milliarden Euro um. Quelle: WKO

2011 gab es in Österreich noch 4.955 Lehrlinge, die Koch werden wollten. Zehn Jahre später waren es nur noch 2.964, also rund 40 Prozent weniger. Zwei Drittel sind männlich, ein Drittel weiblich. Quelle: WKO, Lehrlingsstatistik