Gute Macht
In Österreich und Deutschland war Macht lange tabu – ein gefährliches Versäumnis. Heute wäre es an der Zeit, sie nicht den Bösen zu überlassen und endlich ihre jahrhundertealten Gesetze zu lernen. Oder gelten längst neue Regeln?
Denken Sie an Macht! Was kommt Ihnen als erstes in den Sinn: Denken Sie daran, wie US-Präsident Donald Trump und Gefolge im Weißen Haus mit Wolodymyr Selenskyj aneinandergeraten und den ukrainischen Präsidenten vor laufenden Kameras auffordern, mehr Dankbarkeit zu zeigen? Oder fällt Ihnen zum Begriff Macht doch eher ein, wie Sie sich in einer Besprechung im Büro mit Ihrem Konzept gegen einen Kollegen durchsetzen, weil Sie überzeugender vortragen? Oder, wie Sie Familie oder Freunde dazu überreden, Ihren Urlaubsplänen zuzustimmen, indem Sie nicht lockerlassen?
Wenn Sie das Oval Office, den wegen Vergewaltigung verurteilten Filmproduzenten Harvey Weinstein oder Ihre toxische Chefin vor Augen haben und Macht in Ihrem Kopf quasi automatisch um Missbrauch ergänzen, vielleicht auch nur um Spielchen, dann sind Sie in guter Gesellschaft. In Österreich und Deutschland galt Macht lange als anrüchig – ein Relikt dunkler Geschichte. Wir haben über Jahrzehnte gelernt, Macht mit Härte, Kälte und Manipulation zu verbinden, und sie deshalb lieber anderen überlassen. Wer die Macht jedoch stets nur bei den vermeintlich Bösen verortet, macht sich selbst ohnmächtig. Wer gestalten will, braucht Einfluss. Wer mitspielen will, muss die Gesetze der Macht kennen. Aber gelten in Zeiten von Social Media, Künstlicher Intelligenz und einer neuen geopolitischen Ordnung nicht andere, neue Regeln?

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