Der Zirkus stirbt. Familie Spindler macht trotzdem weiter.
Er weckt sie mit Kommando. ›Auf!‹, ruft Christian Spindler, als er am Montag um sieben Uhr an den Wohnwagen seiner Schwester klopft. Sie heben den Anhänger an die Zugmaschine. ›Ab!‹, ruft Ramona Spindler, als sie die Stopper vor den Reifen wegzieht. Befehle als Ausdruck der eigenen Rastlosigkeit. Der Zirkus Alfoni zieht weiter, weiter, immer weiter.
Zeltaufbau bedeutet Schweiß, Dreck und immer in die Hände spucken. 18 Meter Durchmesser auf 40 mal 50 Meter Wiese. Das Zelt soll neben einer Böschung stehen. Quer über die Landstraße zieht er mit dem Drahtseil die Masten hoch. Die Reifen springen unter der Last, es ist ein archaisches Schauspiel. Alle schleppen, pumpen, kurbeln – bis Eisenmasten, Drahtseile, Zurrgurte und Eisennägel am frühen Abend die rot-weiße Plane spannen. ›Auf!‹, ›Ab!‹, ›Auf!‹, ›Ab!‹, ›Auf!‹, ›Ab!‹ Der Zirkus Alfoni ist im Dorf. Und dann kracht’s.
›Hast du die Kohle, dass du immer alles kaputtmachen kannst?!‹ – ›Ich war das nicht!‹ – ›Wieso passt du nicht auf?!‹ – ›Ich war das nicht!‹ – ›Ich hab’ keine Lust mehr, ich suche mir eine Wohnung, ich versteh’ das nicht.‹ – ›Ich auch nicht.‹
Im Verkaufsanhänger ist ein Scheinwerfer auf die neue Popcornmaschine gefallen. Yvonne Spindler gibt ihrem Mann Christian die Schuld. Lediglich das Auffangblech für das Popcorn hat eine kleine Beule, aber Familie Spindler muss vorsichtig sein. Ein kleiner Schaden bedeutet im Zirkus Alfoni ein großes Drama.
Der Zirkus Alfoni sind das Ehepaar Christian und Yvonne Spindler, ihre Tochter Marley, Christians Schwester Ramona Spindler, deren Tochter Fiona und der rumänische Hilfsarbeiter Mihail Szilaghi. Einmal in der Woche zieht die Familie um, Montag bis Mittwoch Zelt aufbauen, Donnerstag bis Sonntag spielen. Hundert Sitzplätze fasst ihr Zelt. Ausverkauft war in vier Jahren bisher nur eine Show, in Kleinraming, Oberösterreich. Am Ende dieses Umzugstages begleitet bedrückendes Schweigen am Zeltplatz das Läuten der benachbarten Kirche.
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