Die Clowns von Hebron

Im Westjordanland hilft das Lachen der Roten Nasen nicht nur Patienten. Unterwegs mit Amani und Heyam.

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Fotografie:
Eva Primavesi
DATUM Ausgabe Februar 2020

Ein Stapel aus Pflastersteinen vor dem Holzrahmen verhindert, dass der Wind das Zimmerfenster aufreißt. Ein Plakat kündigt den Besuch von Papst Benedikt im Mai 2009 im Heiligen Land an, darunter ist das Türkis von der Wand geblättert. Am Bett liegt eine Decke, die einmal rosa war, und die Tasche, in der Amani Abu Elroub ihren gelben Faltenrock mit den rosa Blüten, den dunkelroten Rollkragenpulli und ihre rote Plastiknase aufbewahrt. Es gibt keinen Spiegel im Zimmer des christlichen Frauen-Altersheims im Zentrum von Bethlehem. Amani nutzt die Reflexion eines Glasrahmens, in dem ein Herz-Jesu-Bild steckt, um ihren Lippenstift nachzuziehen. Zum Umziehen schließt sie die Tür hinter sich. Als sie nach wenigen Minuten herauskommt, ist sie Leila. 

23 Krankenhaus-Clowns besuchen in Palästina me­dizinische Einrichtungen wie Krankenhäuser, Re­­ha­bilitations-Zentren und Altersheime. Rund ein Drittel von ihnen sind muslimische Frauen, die mit ihrer ro­ten Nase öffentlich an ein Tabu rühren und das starre Korsett in Frage stellen, in dem sich viele Muslimas in der palästinensischen Gesellschaft bewegen. Skeptische Blicke und Anfeindungen gehören zum Arbeits­alltag der Frauen. Stromausfälle, Polizeikontrollen, ein­geschränkte Bewegungsfreiheit und das latente Bangen in einer politisch instabilen Situation auch.

Der Rock verfängt sich an ihren blickdichten Strümpfen, als Amani den neonbeleuchteten Gang im Altersheim in Richtung Aufenthaltsraum geht. Sie trägt kein Kopftuch, aber fastet im Ramadan. Ihr Lachen ist laut, die Gestik ausschweifend, Amani nimmt sich den Platz, den sie braucht. Die argwöhnischen Reaktionen, die sie erntet, weil sie mit ihrer roten Nase nicht dem traditionellen Frauenbild entspricht, lacht sie weg. 

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Wörter: 1994

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