Oleksandr verlor durch ein Artilleriegeschoß sein Bein. In Lemberg lernt er wieder gehen. © Katya Moskalyuk

Soldaten sitzen im Reha-Zentrum Unbroken und warten auf den Beginn der Physiotherapie. © Katya Moskalyuk

Im Reha-Zentrum Superhumans kräftigen verletzte Soldaten ihre Muskeln im Pool. Andriy, der Soldat im Bild, hat erst hier Schwimmen gelernt - mit einem Bein. © Katya Moskalyuk

Im Reha-Zentrum Unrboken arbeiten bereits ein Dutzend Menschen wie Bogdan in einer eigenen Werkstätte für Prothesen. © Katya Moskalyuk

Soldaten verlieren im Krieg nicht nur Gliedmaßen. Viele erleiden auch schwerste Verbrennungen. © Katya Moskalyuk

Ein Granatsplitter durchtrennte die Knochen im Bein von Michaylov. Seit zwei Monaten entzündet sich seine Wunde wieder und Wieder. © Katya Moskalyuk

Mit dem Krieg hat die Ukraine ein neues Selbst­verständnis entwickelt. Krücken und Prothesen gehören nun zur Identität des Landes. ©Katya Moskalyuk

Die innere Front

In Lemberg müht sich die Ukraine, ihre Kriegsversehrten zu heilen: eine Sisyphosarbeit, die für die Zukunft des Landes entscheidend sein könnte.

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Fotografie:
Katya Moskalyuk
DATUM Ausgabe September 2023

Diesen Beitrag gibt es auch zum Anhören – eingelesen von Sebastian Loudon. 

Der Weg vom Kern Lembergs zum größten Rehabilitationszentrum der Ukraine ist eine Reise durch die Zeit. Gotische Kathedralen weichen barocken Wohnhäusern, dann klassizistischen Verwaltungsgebäuden. Von den Sowjet-Plattenbauten der 70er-Jahre sind es nur noch wenige hundert Meter bis zur Stadtgrenze. Hier am Rand von Lemberg liegt die alte Poliklinik. 

Die grau verputzten Betonscheiben der Fassade zeugen von einer Zeit, die der ukrainische Staat aus seiner Geschichte gerne streichen würde. Und sie täuschen darüber hinweg, was seit April hinter den Mauern des Sowjet-Baus vor sich geht. Sieben Stockwerke wurden für das neu geschaffene Rehazentrum vier Monate lang renoviert. In manchen Zimmern liegt noch der Geruch von frischer Farbe in der Luft. Und am Dach des Gebäudes rattern weiter die Presslufthammer. Eine Terrasse mit Sportgeräten soll bald den Umbau der Klinik abschließen.

Von hier aus blickt man auf eine Stadt, der eineinhalb Jahre Krieg kaum anzusehen sind und die trotzdem kämpft. Nur ringen die Menschen in den Lemberger Kliniken nicht mit russischen Invasoren, sondern damit, verstümmelt und vom Krieg gezeichnet, ein neues Leben nach jenem an der Front zu beginnen. Ein Leben ohne Gliedmaßen, verbrannt und traumatisiert.

Während tausend Kilometer östlich noch Soldaten fallen, kümmert die Ukraine sich im Westen des Landes um diejenigen, die Minen und Mörser knapp überlebt haben. Erst vergangenen Juni sprach der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj von 500 verletzten Soldaten infolge des russischen Angriffskrieges. Pro Tag. Schätzungen des Lemberger Stadtrats zufolge brauchen bereits mindestens 20.000 Menschen neue Arme und Beine. Der deutsche Prothesenhersteller Ottobock spricht von bis zu 50.000, wie das Wall Street Journal berichtet. Es sind Zahlen, die noch lange weiter steigen werden. Denn selbst wenn der Krieg endet, bleibt mindestens ein Drittel des Landes vermint zurück.

Seit einigen Monaten stampft die Ukraine deshalb Rehazentren für Kriegsversehrte aus dem Boden. Lemberg, die westlichste Metropole des Landes, steht dabei im Mittelpunkt der ukrainischen Bemühungen. Im Norden der Stadt liegt die größte Rehaklinik. Ihr Name: ›Unbroken‹. Ein englisches Wort, das für das neue Selbstverständnis der Ukrainer steht. ›Superhumans‹, eine weitere solche Einrichtung, arbeitet im Osten. Dort wollen Ärzte neue Standards für Rehabilitation setzen und zu Vorzeigebeispielen für den Rest des Landes werden.

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Wörter: 3314

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