Die Regierungskrise hat Sigrid Maurer ein neues Gegenüber im övp-Klub beschert: Sebastian Kurz. Wird die Grüne die Rachegelüste des Altkanzlers parieren können?
Der D-Day im Kanzleramt begann, wie wir heute wissen, um sieben Uhr morgens. Die Polizei durchsuchte im Beisein eines Oberstaatsanwalts der Wirtschafts- und Korruptions-Staatsanwaltschaft (WKStA) die Büros von engsten Mitarbeitern des türkisen Regierungschefs wegen Korruptionsverdachts. Sie konfiszierte viele Unterlagen und alle Handys. Vier Tage danach musste Sebastian Kurz zum zweiten Mal vor Ablauf der Legislaturperiode aus dem Kanzleramt ausziehen. Die Grünen hatten die övp vor die Wahl gestellt: Kanzler- oder Koalitionswechsel – und damit einen taktischen Sieg erzielt, den ihnen bis vor Kurzem nur wenige zugetraut hätten: Kurz stürzte vom Thron des Regierungschefs ins – zumindest aus seiner Sicht – glanzlose Ausgedinge des Parlamentsklubs. Er muss sich künftig mit den Funktionen des Partei- und Fraktionschefs zufriedengeben.
Zwei Wochen danach ist nach außen hin wieder Ruhe am Ballhausplatz eingekehrt. Das grüne und das verbliebene türkise Spitzenpersonal versucht, Business-as-usual-Routine zu vermitteln und trifft sich wie gewohnt zur wöchentlichen Fraktions- und Ministerrats-Sitzung. Einmal mehr ohne Kurz. Eine Woche nach Alexander Schallenbergs Premiere als Interims-Kanzler fehlt aber eine weitere Schlüsselfigur beim mittwöchlichen Fixtermin der Regierung: Sigrid Maurer, die Klubobfrau der Grünen, hat sich bereits Anfang der Woche krankgemeldet.
Die 36-Jährige stand an vorderster Front der grünen ›Kanzler Kurz muss weg‹-Phalanx. Nach zehn Tagen höchster Anspannung und nur wenig Schlaf hat der Körper seinen Tribut gefordert. Maurer sagt auch für den Rest der Woche alle Vepflichtungen ab. Nur zwei unausweichliche Medien-Termine nimmt sie wahr, so auch den für DATUM. Maurer bittet überpünktlich und kameragerecht gestylt in ihr Büro in der Wiener Löwelstraße mit Ausblick auf Burgtheater und Volksgarten. Das geräumige helle Eckzimmer ist karg möbliert. Ein weißer Besprechungstisch mit acht Sesseln in vielen Farben. Ein weißer Schreibtisch samt Drehstuhl mit grüner Lehne, Laptop, Handy, Unterschriften-Mappe, Notizblöcken. An den weißen Wänden ein einziger bunter Fleck, ein Ölbild von Olivia Kaiser aus Maurers privatem Fundus.
Wie ist es, selbst von Dauerkritikern als ›Drachentöterin‹ gefeiert zu werden? Wie stark sind die Triumphgefühle ob des Abgangs des türkisen Superstars? Sigi Maurer gibt sich auch nach den bislang dramatischsten Tagen von Türkis-Grün ganz als Staatsfrau: ›Es gibt eine große Erleichterung, dass es uns gelungen ist, einen Bruch der Koalition zu verhindern›, sagt sie. ›Für Genugtuung ist angesichts der Verantwortung für das Land kein Platz.‹
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