Die sanfte und die wilde Biene

Imkerei gilt als Handwerk im Einklang mit der Natur. Doch bei Umweltschützern stoßen Bienenstöcke auch auf Skepsis. Denn : Biene ist nicht gleich Biene.

DATUM Ausgabe Mai 2021

Es gibt nicht mehr allzu viele › Gstettn ‹ in Wien : unverbaute, weitläufige Brachflächen wie die › Freie Mitte ‹ im Nordbahnviertel im zweiten Bezirk. Bienen lieben solche Flächen, und Stadtmenschen ­lieben Honigbienen. Die von einem jungen Imkerei-Verein direkt neben der Nordbahnhalle platzierten Bienenstöcke erfreuten sich deshalb großer Beliebtheit bei Anrainerinnen und vorbeikommenden Spaziergängern, auch Imkerei-Kurse und Bienen-Workshops für Schulklassen waren stets gut besucht.

Als die Nordbahnhalle 2019 abbrannte, mussten auch die Bienenstöcke weg. Der Plan für das Stadtentwicklungs­gebiet Nordbahnhof sieht eine Teilbebauung der Fläche vor allem an den Rändern vor, die › Freie Mitte ‹ soll zum Teil erhalten bleiben, um den Arten­reich­tum an blühenden Pflanzen und Insekten mitten in der Stadt zu bewahren. Nur der Imkerei-Verein war plötzlich unerwünscht : Laut Insidern verhinderte ein Veto des Naturschutzbeauftragten die Wiederaufstellung der Bienenstöcke nach dem Brand. Wieso aber spricht sich ausgerechnet ein Naturschutzbeauftragter gegen Bienenstöcke aus ? Ist die Biene denn nicht das Maskottchen der Umweltverträglichkeit und der Bio-Landwirtschaft schlechthin ?

Kaum ein anderes Insekt hat jedenfalls ein so positives Image. Die › fleißige ‹ Biene findet sich schon seit Jahrzehnten sowohl auf Werbung für Banken als auch als verniedlichtes Tierchen auf Pro­dukten für Kinder. Die Imkerei wurde in den letzten Jahren gewissermaßen zum Sinnbild für ein Handwerk im Einklang mit der Natur. Firmen versuchen, ökologisch und hip zu wirken, indem sie junge Stadt-Imkerinnen für ihre Produkte werben lassen. Und sogar das Ministerium für Klimaschutz und Umwelt in Wien suchte im Juni 2020 per öffentlicher Ausschreibung eine Imkerin, die Honigbienen auf das Dach des Ministeriums stellt. Für die Bewerbung des Projekts hielt Umweltministerin ­Leonore Gewessler auf der Suche nach › fürsorglichen Imkerinnen oder Imkern ‹ ein handgeschriebenes und mit Blümchen und Bienchen verziertes Plakat mit der Aufschrift › Hier ist Platz für einen Bienenstock ‹ in die Höhe.

Um zu verstehen, wieso gerade Naturschützerinnen etwas gegen Bienenstöcke haben, lohnt sich ein genauerer Blick auf die Tiere, die wir allgemein als Bienen bezeichnen. Denn Bienen sind nicht gleich Bienen. Und vor allem : Wildbienen sind nicht gleich Honigbienen. Die Honigbiene, Apis mellifera, ist biologisch gesehen lediglich eine Art aus der großen Familie der Echten Bienen in der Ordnung der Hautflügler. Bienenarten, die nicht in der Imkerei in Verwendung sind, bezeichnet man dagegen als › Wildbienen ‹.
Über 700 Arten kommen in Österreich vor, darunter viele verschiedene Hummelarten, die ebenfalls zu den Wildbienen gezählt werden. Außerdem ist hierzulande etwa die › gehörnte Mauerbiene ‹ oder die große, schwarz-schillernde › Holzbiene ‹ heimisch. Die verschiedenen Arten bauen ihre Nester in unterschiedlichen Strukturen wie alten Pflanzenstängeln, im Sand oder in Lehmwänden. Wildbienen sind sehr spe­zia­lisierte Tiere.

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