›Dieser Wahlkampf ist lächerlich‹

Über Konflikte, Sozialpartnerschaft und ›House of Cards‹.

Interview:
Stefan Apfl
·
Interviewter:
Rainer Nowak, Chefredakteur ›Die Presse‹
DATUM Ausgabe Oktober 2017

Sie waren heuer wieder zwei Wochen beim Europaforum Alpbach. Wie war es?
Das große Thema war Konflikt. Und ich mag Konflikte ja gerne. Ich glaub, dass wir wieder stark genug sind, als Gesellschaft, als Europa, als Land, um wieder mehr Konflikte führen zu können. Jetzt nicht militärischer Natur, sondern mit uns selbst.

Ein fundamentaler Konflikt, der sich anzubahnen scheint, ist jener um die Kammer-Pflichtmitgliedschaft.
Leitl und Kaske sind auch in Alpbach miteinander aufgetreten.

Wohl um für das Bestehen der Kammer-Pflichtmitgliedschaft zu werben. FPÖ, Neos und Teile der ÖVP treten für deren Abschaffung ein. Das könnte die Sozialpartnerschaft quasi beenden, die Geschichte der Zweiten Republik in ein Davor und Danach teilen.
Das wäre wohl ein bisschen zu hoch gehängt, sowohl was die Bedeutung der Sozialpartner angeht als auch die Pflichtmitgliedschaft. Abgesehen von der Bedeutung der Arbeiterkammer und der Wirtschaftskammer würde es das Land jetzt nicht völlig verändern. Gewisse sozialpartnerschaftliche Muster würden weiter bestehen bleiben.

Ihr Gewicht würde signifikant
abnehmen.

Ja, das stimmt. In einem normalen Checks-­and-Balances-System macht die Sozialpartnerschaft ja auch durchaus Sinn. In Verbindung mit der Großen Koalition ist sie aber die verlängerte Hobelbank ebendieser. Das führt zu einer tonangebenden Schattenregierung. Und das ist Wahnsinn.

In einer Zeit der ökonomischen und gesellschaftlichen Unsicherheit können starke Kammern gleichwohl ein Garant für Stabilität sein.
Das könnte man argumentieren.

Denken Sie, es würde unter Schwarz-Blau zu einer Volksbefragung zur Pflichtmitgliedschaft kommen?
Ja. Absolut. Und ich würde das gut finden. Dann haben wir das geklärt.

Wie würden Sie abstimmen?
Wahlgeheimnis! Im Ernst: Ich bin mehr der freiwillige Typ.

Was wird vom Wahlkampf bleiben?
Noch ist das schwierig zu sagen. Er ist jedenfalls lächerlich. So eine Schlammschlacht mit Strategiepapierchen hat es noch nie gegeben. Das ist peinlich. Ebenso wie die Besessenheit von Umfragetypen, Beratern und Strategen. Da haben alle zu viel ›House of Cards‹ geschaut. Da lob ich mir den leicht übergewichtigen Parteisekretär, der sagt: ›Na, jetzt gemma auf des Thema, weil das sagt mein Bauch‹.

Mehr als über Inhalte wird allenthalben über Sebastian Kurz gesprochen.
Ein Erfolg für ihn.

Absolut. Seine Gegner sitzen paralysiert wie das Kaninchen vor der Schlange und halten Sebastian Kurz sogar für gefährlicher als Heinz-Christian Strache. Und das ist doch entlarvend. Es geht vielen Linken offenbar weniger darum, den Rechtsaußen-Populismus zu verhindern, sondern jeden, der rechts von ihnen steht und Erfolg haben könnte. Es geht ihnen also nicht um Ideologie, sondern um Macht, Jobs und Einfluss. Banal.

Wollen Sie mir Ihre Wahltipps verraten?
Nein.

Mit zwei Prozent Schwankungsbreite?
Das ist dann wie bei Umfragen, die auch keiner mehr glaubt. Was ich sagen kann: Dass ich mir Sorgen um zwei Kleinparteien mache. Um Pilz weniger. Wobei ich mir auch vorstellen kann, dass alle drei Kleinen nicht reinkommen.

Das letzte Drei-Parteien-Parlament in Österreich gab es …
… 1986?

Vor dem Einzug der Grünen.
Das wäre, entschuldigen Sie den Ausdruck, beschissen.

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