Europas Zukunft unter Tag

Wenn die Energiewende nicht in neue Abhängigkeit führen soll, müssen die Europäer wieder lernen, kritische Rohstoffe selbst abzubauen. Wie schwierig das ist, zeigt der Fall einer Lithiummine in Kärnten.

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Fotografie:
Helmut Spudich
DATUM Ausgabe Juni 2023

Sobald man die letzten Häuser der Kärntner Gemeinde Frantschach-St. Gertraud hinter sich gelassen hat, windet sich die schmale Landesstraße 148, vorbei an einem Steinbruch, mehrere Kilometer lang durch einen dunklen Nadelwald auf einen Berg. Dort liegt das weiße Gold der schönen neuen Energiezukunft begraben. Der Weg geht rechts ab auf eine schlammige Forststraße. Nach weiteren zehn Minuten Rumpelpiste weitet sich die Straße ein wenig und gibt den Blick auf ein bescheidenes Gittertor frei, das den Eingang zur Unterwelt verschließt.

›1985‹ ist der einzige Hinweis, der an den Stäben des Tors angebracht ist. ›In diesem Jahr fand der Stollenanschlag statt‹, erklärt Dietrich Wanke, während wir Schutzjacken und Gummistiefel anziehen, Schutzhelme aufsetzen und uns nur mit Taschenlampen ausgerüstet unter Tag begeben. Der deutsch-australische Bergbauingenieur ist CEO von European Lithium, dem in Australien börsennotierten, gegenwärtigen Besitzer der Mine, die eines der reichsten Vorkommen von Lithium in Zentraleuropa bergen soll. 

In den 1980er-Jahren fand hier der erste Versuchsbergbau durch die staatliche Minerex statt. 1,4 Kilometer tief geht der abfallende Stollen in den Berg, breit und hoch genug für massives Gerät. Schon nach wenigen Minuten erleuchten nur noch unsere Taschenlampen die Wände, die anfangs fast schwarz sind und durch die sich helle Linien der Lithium-Adern wie in einer Höhlenzeichnung ziehen. Je tiefer im Berg, desto breiter werden die Lithium-führenden Schichten, bis die Bänder mehrere Meter breit sind und den Reichtum des Vorkommens ahnen lassen.

Die staatliche Minerex habe damals ordentliche Arbeit geleistet, bescheinigt der Bergbauingenieur, der Minen von Australien und Indonesien bis Papua-Neuguinea führte und jetzt für das ›Wolfsberg Projekt‹ verantwortlich ist. ›Jemand hat da sehr weitreichend gedacht.‹ Zwar hält sich bis heute in der Region das Gerücht, dass ursprünglich nach Uran für das Atomkraftwerk Zwentendorf gesucht wurde. Aber das Ende für Zwentendorf kam bereits 1978, während die Exploration erst Jahre später begann. ›Es ging immer um Lithium, damals ein Nischenmarkt für die Glas-, Glaskeramik- und Keramikproduktion‹, sagt Wanke. 

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