Das 101. Missverständnis

2022 übernahm Barbara Staudinger die Leitung des Jüdischen Museums Wien – und schlitterte schon mit ihrer ersten Ausstellung in eine heftige Kontroverse. Wie blickt sie auf ihr erstes Jahr im Amt zurück?

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Fotografie:
Stefan Fürtbauer
DATUM Ausgabe Juni 2023

An diesem Frühlingsmorgen ist die Welt noch in Ordnung. Die Sonne scheint, es weht eine angenehme Brise, und im Büro von Barbara Staudinger strömt das Licht durch die Balkontüren herein. Dieser Raum sei kochend heiß im Sommer und eisig kalt im Winter, erklärt sie, aber heute ist es angenehm temperiert. Sie öffnet die Türen und tritt mit dem Fotografen auf den straßenseitigen Balkon gegenüber dem Jüdischen Museum Wien (JMW). Im Laufe des Shootings wirkt sie offen und sorglos. Der Winter – auch der ihres Arbeitslebens – scheint vorbei.

Für Staudinger war das erste Jahr als JMW-Direktorin wie eine Feuertaufe. Ihr spärlich möbliertes Büro, dessen Bücherregale hinter ihrem Schreibtisch noch halbleer sind, erzählt von einem Jahr, in dem sie sehr wenig Zeit hatte, sich einzuleben. Nach fast vier Jahren in Augsburg, während derer sie das dortige Jüdische Museum leitete und regelmäßig zwischen Wien und Bayern pendelte, folgte sie Danielle Spera im Amt nach. Weil nicht wirklich eine Übergabe stattfand, stellte sie ihre erste Sonderausstellung in nur sechs Monaten auf die Beine. Die Idee dafür kam von Staudinger selbst sowie von Chefkurator Hannes Sulzenbacher, aber ihre Vorbereitung war eine Gemeinschaftsarbeit vieler.

Staudinger beschäftigte sich als Wissenschaftlerin und Kuratorin schon lange mit dem Thema Judentum. Die Auseinandersetzung ergab sich während ihres Studiums aus einem allgemeinen Interesse an der Geschichte der Minderheiten, wie spätere Ausstellungen wie ›Die Stadt ohne: Juden Ausländer Muslime Flüchtlinge‹, die sie in Augsburg kuratierte, zeigen. Staudinger studierte Judaistik an der Uni Wien und betätigte sich langjährig als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für jüdische Geschichte Österreichs in St. Pölten und Kuratorin bei Ausstellungen im Wien Museum, Volkskundemuseum und Weltmuseum. Danach leitete sie das Jüdische Museum Augsburg Schwaben. 

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