Famoser Schwafler

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Fotografie:
Seneca – On the Creation of Earthquakes
DATUM Ausgabe April 2023

John Malkovich bei der Arbeit zuzusehen, lohnt sich eigentlich immer. Der 69-jährige US-Amerikaner ist das Idealbild dessen, was man einen Charakterdarsteller nennt. Nach Spike Jonzes ›Being John Malkovich‹ (1999) hat mit ›Seneca‹ nun ein weiterer Regisseur, der Hollywood-erfahrene Deutsche Robert Schwentke (›R.E.D.‹), Malkovich einen besonderen Film auf den Leib geschneidert. Das in seiner Theatralität -stellenweise an die Porträt-Filme Derek -Jarmans erinnernde Werk fokussiert ganz auf seine Hauptfigur, jenen antiken Stoiker, der auch Hauslehrer des gefürchteten -Kaisers Nero war.

Visuell poppig und dabei die Sehgewohnheiten des Mainstream-Kinos unterwandernd, bietet ›Seneca‹ Malkovich die einmalige Gelegenheit, alle, aber wirklich alle Register seiner akustisch fein-ziselierten Monologisierungskunst zu ziehen. Kontrastiert wird das komische Volten schlagende -famose Geschwafel, das sich eng an echte Seneca-Texte anlehnt, durch ziemlich -blutige Gewaltexzesse, die das reale Leben und Sterben im Rom des ersten nachchristlichen Jahrhunderts potentiell akkurat widerspiegeln.

Grandios etwa die im Kern historisch-authentische Szene, in welcher der zum Tode verurteilte Seneca den Freitod gemeinsam mit seinem jungen ›Trophy Wife‹ Paulina (stark: Lilith Stangenberg) vor Freunden vollziehen will – nur um zusehen zu müssen, wie die von ihm in den Paarsuizid gequatschte Schöne -sogleich wie ein abgestochenes Schwein ausblutet, während Senecas kalkige -Arterien fast leer scheinen: ›Gentlemen, there is a little more cutting to do!‹
Eine Empfehlung. 

›Seneca – On the Creation of Earthquakes‹ 

Regie: Robert Schwentke

Kinostart: 6. April

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