Herzliche Hausmannskost

Wie ein ukrainisches Lokal in kurzer Zeit einer der gemütlichsten Orte Wiens wurde.

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Illustration:
Blagovesta Bakardjieva
DATUM Ausgabe Dezember 2024/Jänner 2025

Gehen Sie bei dem Wetter an warmherzige Orte. Zum Beispiel zum ukrainischen Wirten ›Das ­Essen FM‹ in Wien-Landstraße. Ironisch, dass es ausgerechnet dort heimelig ist, wo Menschen ihre Heimat wegen eines unsäglichen Krieges verlassen mussten. Das Lokal ist voller lustiger ukrainischer Menschen und ein paar Österreichern, die es zumindest versuchen. Lachen und Weinen liegen ja nahe beieinander und der feine ironische Humor des Gastgebers Iwan Vaki hilft. 

Zu sanften Klängen ukrainischer Chansons gibt es tolle Speisen von Gastgeberin Iryna Vaki. Wir bestellen Schuba-Schichtsalat mit Roten Rüben, Matjes, Zwiebeln, Kartoffeln, Mayonnaise und Ei (eine Art salziges Tiramisu), Borschtsch (Rote Rübe, Kraut, gekochtes Rindfleisch und Sauerrahm) serviert mit Schmalzbrot. Und Wareniki (Teigtaschen, anderswo Piroggen genannt), in allerlei Variationen von Kartoffeln oder Spinat bis Leber. Außerdem köstliche Banosch-Polenta, mit reichlich Butter und Milch aufgekocht, und dazu Grammeln, Speck und Feta. ›Exzellente Wahl‹, kommentiert Iwan Vaki nickend. Es gäbe auch schmackhafte Krautrouladen mit Reis und Rindfleisch. Beim Versuch, die huzulischen Rippchen mit Bratkartoffeln noch dazu zu bestellen, neigt Herr Vaki erstaunt den Kopf. Bisschen viel? Na gut.

Wir warten, bestaunen das Twin-Peaks-Poster und die ukrainischen Kafka-Übersetzungen, und dann Dessert: Warenyky mit Mohnfüllung und Himbeerkompott, dazu Sauerrahm (ungewohnte, aber interessante Kombination!). Iwan Vaki lacht über so viel Hingabe und verteilt High Fives. Und was hat es mit den alten Radios an der Wand auf sich? Oh, das ist eine Erinnerung an seine Zeit als Radio-DJ in der Ukraine, an Alternative Rock, Freiheit ohne Geld und die Jugend. 

Wir reden über meine jugendliche Ukraine-Reise 2007, über lange Zugfahrten in der dritten Klasse von Odessa nach Lwiw, über früher und die moderne Ukraine. Zum Abschied wünscht er uns ein schönes Leben. Aber warum so fatalistisch, wir sehen uns doch bestimmt wieder. Ach, sicher ist sicher, und man kann einander nicht oft genug ein schönes Leben wünschen. Und auf bessere Zeiten hoffen. In der Tat. •

 Das Essen FM · Juchgasse 24 · 1030 Wien · Tel.: 0660 1681717

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