›Ich hatte Probleme mit Bubenrunden‹

Ein Gespräch unter Söhnen alleinerziehender Mütter.

DATUM Ausgabe April 2018

Herr Nowak, ich gehe vier Monate in Vaterkarenz. Waren Sie auch?

Nein, ging damals leider nicht.

Wie stehen Sie zum Thema Gleich­berechtigung?

Ich bin der Sohn einer alleinerziehenden Mutter aus Tirol, die Kulturjournalistin war und mit Freundinnen einst ein Frauenhaus gegründet hat. Die Männer waren in meiner Erziehung mehr Statisten.

Gleiche Geschichte bei mir. Das war für Frauen am Land in den 1970er, 1980er
Jahren …

… nicht so lustig.

Nein. Hat das Ihre Perspektive stark geprägt?

Das glaube ich schon. Ich habe mich weder für Fußball noch für Autos interessiert, also für all die Dinge, über die junge Männer gerne reden. Deshalb habe ich ­extreme Probleme mit Bubenrunden gehabt. Ich war also fast gezwungen, mich mit Freundinnen zu treffen. Das alles hat mein Leben natürlich geprägt, in jeder Hinsicht positiv.

Wird dadurch das Rhetorische, das ­Empathische forciert?

Darüber kann man philosophieren. Dass es unter Männern immer um die Penisgröße geht, das kann man nie abstellen. Aber ja, es stimmt, natürlich ändert einen so eine Erziehung, man interessiert sich für andere Themen. Es ist aber auch eine Sozialisierungsfrage, eine alleiner­ziehende Kulturjournalistin schleppt ihren Sohn ins Theater, die alleinerziehende Sportjournalistin würde ihn auf den Fußballplatz schleppen. Wir müssen jetzt aber aufpassen, dass wir einander nicht auf die Schulter klopfen.

Sie meinen, weil meine Mutter alleiner­ziehender war?

Nein, meine!

Nun sind wir beide Väter von Töchtern. Hat das bei Ihnen den Blick auf Gleich­berechtigung noch einmal verschärft?

Na und wie! Nehmen wir die MeToo-­Debatte. Die Vorstellung, dass irgendeiner einem Mädchen, einer Frau irgendwohinklopft, ist für einen Vater von Töchtern natürlich noch einmal ganz anders. Das ist ein journalistisches Phänomen: Nichtraucher gehen mit der Raucherdebatte anders um als Raucher. Es soll Journalisten geben, die aus Angst vor der Erbschaftssteuer die Sozialdemokratie bekämpft haben, weil sie auf ein Erbe hofften. Man kann dem nur mit totaler Offenheit begegnen und mit Reflexion. Journalismus macht sich mit keiner Sache gemein und schon gar nicht mit der Eigenen.

Geht das überhaupt, sich nicht damit gemein zu machen? Kann man beispielsweise als Sohn einer Alleinerzieherin und Vater von Töchtern für die Abschaffung der Nach­mittagsbetreuung sein, wie sie etwa Schwarz-Blau in Oberösterreich gerade …

… (macht Quakgeräusche) Eh. Aber jetzt muss ich schon mal kurz die Kirche im Dorf lassen. Erstens warten wir einmal ab, wie das mit Schwarz-Blau weitergeht. Und zweitens ist die Organisation und Finanzierung in diesem Bereich derart schwierig, dass die berühmten Wiener sozialdemokratischen Adelsfamilien ihre Kinder auch in die katholische Privatschule schicken müssen. Einfach weil es keine Ganztagesschule-Plätze gibt. Ich bin aber dafür, dass Nachmittagsbetreuung gegeben ist, ich bin dafür, dass es mehr Gratis-Kinderbetreuung gibt und weniger finanzielle Familienförderung. Punkt. All das ist übrigens auch ein Grund, warum die Frauenrechte – ich begebe mich jetzt auf sehr dünnes Eis – in der DDR mitunter ausgeprägter waren als in so manchen westlichen Demokratien. Ich hoffe, das gefällt Ihnen jetzt.

Glaubt man Twitter, werden Sie noch während meiner Karenz in den ORF wechseln.

Das ist ein ziemlich valider Hinweis darauf, dass es nicht passieren wird. Wir wissen: Es passiert in Österreich das Gegenteil von dem, was Twitter sagt.