›Kann Europa schiefgehen? Natürlich.‹

Der Politologe Ivan Krastev über den Bruch zwischen Ost und West.

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Fotografie:
Gianmaria Gava
DATUM Ausgabe April 2018

Es gibt kaum einen Text, der die aktuelle Misere der Europäischen Union so überzeugend seziert wie ›Europadämmerung‹ von Ivan Krastev. Der bulgarische Politikwissenschaftler beschreibt darin, wie die Flüchtlingskrise lange ignorierte Brüche zwischen West- und Osteuropa, aber auch zwischen den Wählern und ihren Eliten sichtbar machte. Krastev ist Permanent Fellow am Institut für die Wissenschaft vom Menschen in Wien und leitet dort den Forschungsschwerpunkt ›Democracy in Question‹. Krastev ist kein Wohlfühlintellektueller – weder in seinem Buch, noch in dem neunzigminütigen Gespräch. Er sagt nicht, dass alles gut wird. Seine Nachricht an die Menschen und Politiker Europas: Es geht nicht mehr um eine schöne Weiterentwicklung der EU, sondern nur noch um das Überleben.

Herr Krastev, ich war gerade in Zürich, um mir den Auftritt von Trumps Ex-Berater Steve Bannon anzusehen …

Oh, wie war das?

Seltsam.

Von allen Leuten aus dem Umfeld Trumps habe ich Bannon immer am interessantesten gefunden. Er bezeichnet sich ironischerweise selbst als Leninist. Aber mich erinnert er eher an Trotzki: der glorreiche Führer der Revolution, der am Ende den internen Kampf verliert und isoliert dasteht.

Bannon tourt aktuell durch Europa, um den Sieg der populistischen Bewegung zu verkünden. Hat er Recht?

Die interessante Frage ist ja eher: Wie würde ein Sieg des Populismus ausschauen? Stellen wir uns für einen Moment eine Welt vor, in der Trump Präsident der USA, Le Pen Präsidentin Frankreichs und die AfD in Deutschland an der Macht wäre. Es wäre ein ständiger Krieg. Bannon kommt nach Europa, freut sich daran, wie die Leute Merkel oder Clinton ausbuhen. Aber er kann keinen Plan anbieten, was nach einem Sieg passieren würde. Seine permanente Revolution hat innere Widersprüche, die einer Internationalisierung im Wege stehen.

Welche sind das?

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Wörter: 2370

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