›Ich scheiß mir wirklich nichts‹

Corinna Milborn über Work, Life und Balance.

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Fotografie:
Bernhard Eder
DATUM Ausgabe April 2019

Die Journalistin und Moderatorin Nicola Löwenstein trifft Menschen und befragt sie über ihr Leben. Wir drucken die Antworten ab. 

 

›Mein erster Auslands-Sommerjob: Flyer ver­teilen für ein Schuhgeschäft in Hongkong.‹

›Wenn ich meine alten Kalender ansehe, bin ich erstaunt, was alles reinpasst in ein Leben.‹

›Ich bin so weit gekommen, weil ich in meinem Leben sehr oft ja gesagt hab. Inzwischen muss ich aber ständig nein sagen.‹

›Bücher schreiben ist eine Quälerei. Für alle Autoren. Aber wenn es dann läuft, ist es die schönste Arbeit der Welt.‹

›Beruflich ist man nur eine Modeerscheinung.‹

›Vielleicht bestimmt Genetik, ob man eine Nachteule ist.‹

›Ich bin so schrecklich kompetitiv und ehrgeizig, ich muss mich sogar bei Brettspielen mit Kindern zusammenreißen.‹

›Nach einem Berufs-Coaching habe ich nur mehr die Hälfte der Jobs gemacht, aber gleich viel verdient.‹

›Als ich mit 19 Jahren in China war, sind Busse stehen geblieben, weil Trauben von Menschen meine blonden Haare angreifen wollten.‹

›Wie man klingt, wenn man das Telefon abhebt, merkt man erst, wenn einen kleine Kinder nachmachen.‹

›Ich habe meine Dissertation mit viel Herzblut fertig geschrieben, aber nie abgegeben.‹

›Wenn meine große Tochter wegfährt und ich bis zum Abend nichts höre, dann beginne ich, sie auf Social Media zu stalken. Als ich im ­gleichen Alter verreist bin, haben meine Eltern alle zwei Wochen einen Brief per Luftpost bekommen.‹

›Männer zahlen anderen Männern eher mehr Gehalt als Frauen, weil sie sich im Gegenüber selbst wiedererkennen.‹

›Frauen haben die Tendenz, bei Gehaltsverhandlungen zu wenig zu verlangen. Ich glaube aber, das ist nicht psychologisch, sondern ­rational.‹

›Kindheit vergeht wahnsinnig schnell. Vor allem für Eltern.‹

›40 ist ein Punkt im Leben, an dem man keinen sinnlosen Blödsinn mehr machen will.‹

›Bei Kindererziehung kann man nicht viel machen, außer Vorleben. Und das kann man auch nicht richtig machen, weil man nicht aus sich raus kann.‹

›Die Forderung nach der 30-Stunden-Woche ist vielleicht wirtschaftlich nicht machbar, aber für Eltern die einzige Möglichkeit, Kinder­betreuung gleich aufzuteilen.‹

›Die meisten Politiker und Journalisten kennen einander seit Jahren. Hinter der Kamera herrscht deshalb oft banale kollegiale Freundlichkeit.‹

›Ich schmeiß Schuhe, die mir etwas bedeuten, nicht weg. Drei Viertel meines Schuhkastens sind Erinnerungsstücke. Yes, they spark joy, thank you.‹

›Ich scheiß mir wirklich nichts.‹

›Meine Aufgabe als Journalistin ist, Zusehern alles an die Hand zu geben, damit sie sich ihre eigene Meinung bilden können. Meine ­Meinung hat da keine Relevanz.‹

›Ich bin immer noch auf Facebook, weil Facebook ein Monopol ist. Ich versuche aber diesem Konzern möglichst wenig Informationen über mich zu schenken.‹

›Wir werden uns noch wundern, was alles nicht geht.‹

›Jeder sollte einmal in ein typisches Herkunftsland von Migration reisen. Ich habe in Westafrika mehr über europäische Politik gelernt als in Brüssel.‹

›Als Menschenrechtsbeobachterin in Guatemala erlebt man, wie wahnsinnig intensiv persönlicher Zusammenhalt in Zeiten des Krieges sein kann.‹

 

 

Corinna Milborn, Jahrgang 1972, ist Info-Chefin beim Privatsender Puls 4 und Moderatorin der Diskussionssendung ›Pro &- Contra‹. Im aktuellen Buch der Politikwissenschaftlerin ›Change the Game‹ zeigt sie Alternativen zu Facebook auf. 2018 wurde sie zur Chefredakteurin des Jahres ernannt.

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