›Ihr könntet eines Tages auch ein Ziel sein‹

Was bedeutet Putins Angriff auf die Ukraine für Demokratien in der ganzen Welt? Ein Gespräch mit der amerikanisch-polnischen Historikerin Anne Applebaum über das Durchhaltevermögen der Ukrainer, die Stalinisierung Russlands und die Gründe, warum Österreich der NATO beitreten sollte.

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Fotografie :
Piotr Malecki/Eyevine/picturedesk.com
DATUM Ausgabe April 2022

In seiner Rede an den US-Kongress Mitte März hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj einmal mehr betont, dass die Ukrainer nicht nur ihr Land verteidigen würden, sondern die Demokratie an sich. Würden Sie ihm da zustimmen?

Anne Applebaum: Ja, dieser Krieg wird von den Menschen definiert, die ihn kämpfen. Putin hat der Ukraine den Kampf angesagt, weil er davon überzeugt ist, dass sie von einer Art westlichem Virus infiziert wurde. Alle drei Revolutionen der Ukraine in den Jahren 1991, 2004 und 2014 waren von Leuten geführt, die wollten, dass die Ukraine eine westliche, in Europa integrierte Demokratie wird. Und er befürchtet, dass Russland das auch passieren könnte. Aus diesem Grund hält er die Ukraine für eine Bedrohung seiner persönlichen Macht. Die Ukrainer sehen das auch so. Sie kämpfen nicht nur für ihre Souveränität, sondern für den offenen Staat, den sie gerne hätten. Sie wollen in einer Gesellschaft leben, wo Wandel und Reform möglich sind, nicht in der statischen Autokratie, die Putin geschaffen hat. Also ja, das ist ein Konflikt zwischen zwei Ideen, wie man eine Gesellschaft organisiert.

Der Wille und die Fähigkeit zum Widerstand, die die Ukrainer in den ersten drei Wochen dieses Krieges bewiesen haben, haben nicht nur die Welt, sondern offenbar auch Wladimir Putin überrascht. Wie lange können sie das durchhalten?

Applebaum: Die Ukrainer werden kämpfen, solange sie Waffen und Lebensmittel haben. Sie ­werden nicht aufgeben, weil sie wissen, dass das zur Zerstörung ihres Landes führen würde. Was das bedeutet, sehen wir in den Städten, die die russischen Truppen besetzt haben: Dort herrscht Terror in einem Ausmaß, wie wir ihn in Europa seit 1945 nicht erlebt haben. Bürgermeister werden entführt, Soldaten gehen von Haus zu Haus und erschießen Menschen.

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