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›Jetzt sind wir dran‹

Julian Geier (ÖVP), Anna Stürgkh (NEOS) und Julian Krismer (SPÖ) sind 1994 im Jahr der EU-Volksabstimmung geboren – und treten am 9. Juni bei der Wahl zum Europaparlament an. datum bat sie zu einem Gespräch darüber, wie die EU sie geprägt hat und wie sie die EU prägen möchten.

DATUM Ausgabe Juni 2024

Ihnen allen sind zwei Dinge gemeinsam: Sie kandidieren bei der Wahl zum Europäischen Parlament am 9. Juni und wurden alle 1994 geboren, also in jenem Jahr, in dem sich die österreichische Bevölkerung bei einer Volks­abstimmung am 12. Juni 1994 mit einer Zweidrittel-Mehrheit für den Beitritt zur Europäischen Union entschied. Wenn Sie sich heute Bilder von damals anschauen, oder sich Erzählungen anhören – was löst das in Ihnen aus?

Anna Stürgkh: Also, bei mir ist es vor allem Neid! (lacht) Ich wäre so gerne bei diesem großen pro-europäischen Moment dabeigewesen. Aber es treibt mich auch an, denn ich stelle mir oft die Frage: Was könnte so ein europäischer Moment für meine Generation sein? Die Europäische Union wurde von der Generation unserer Großeltern gegründet, unsere Eltern haben entschieden, dass Österreich beitritt – und jetzt sind wir dran. Was macht unsere Generation daraus? Ich hatte übrigens das gegenteilige Erlebnis, als ich 2016 in England studiert habe. Am Abend des Brexit-Referendums waren wir in einer Bar, jemand hat die blaue EU-Flagge mit den gelben Sternen ausgepackt, und sie wurde unter uns Jungen herumgereicht, wie ein Weltmeisterschafts-Pokal. Nur leider sind wir am nächsten Tag mit etwas viel Schlimmerem als einem Kater aufgewacht, nämlich mit der Zerstörung der Chancen und Perspektiven einer ganzen Generation junger Britinnen und Briten. Wir müssen also daran arbeiten, dass auch unsere Generation einen pro-europäischen Moment erlebt.

Julian Krismer: Mir fällt sofort eine lustige Erzählung aus der Nacht ein, als die Entscheidung für den Beitritt Österreichs zur EU feststand. Der damalige ÖVP-Parteichef und Vizekanzler Erhard Busek kam zu Besuch ins Partyzelt der SPÖ und wurde spontan auf die Bühne gebeten, just als die ›Internationale‹ erklang. Ein ÖVP-Chef, der zur Hymne der Sozialdemokratie auf der Bühne im SPÖ-Zelt steht – da sieht man, wie verbindend dieses Projekt war. Und es war ein großes Versprechen, das mit der EU kam: Friede und Wohlstand. In ganz vielen Bereichen wurde dieses Versprechen auch eingehalten, aber das ist nicht überall gelungen. In Ländern wie Griechenland, Spanien oder Irland gibt es in unserer Generation als direkte Folge der Finanzkrise und der Antwort der EU-Troika darauf einen massiven Vertrauensverlust, der teilweise auch hausgemacht ist. Ich sehe die große Herausforderung darin, dieses umfassende Versprechen, nämlich Friede und Wohlstand auf dem gesamten Kontinent, neu aufzuladen.

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