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›Und dann darf ich das Kind auffangen‹

Teresa Richter, 39, ist Hebamme im AKH Wien.

Interview:
Johannes Pucher
·
Fotografie:
Florian Rainer
DATUM Ausgabe Dezember 2017

Warum sind Sie Hebamme geworden?

Ich habe relativ früh ein Kind bekommen und hatte so Kontakt mit jungen Mamis, die ihre Kinder zu Hause bekommen haben. Dann habe ich bei ein paar Geburten zugesehen und bin gefragt worden, ob ich nicht dabei sein wolle.

Wie lange arbeiten Sie schon als Hebamme?

Seit 13 Jahren. Ich habe im AKH eine Teilzeitstelle, daneben arbeite ich frei-beruflich.

Wieviel verdient man als Hebamme? 

Mein Bruttogehalt für eine Teilzeitstelle mit 20 Stunden pro Woche sind 1200 Euro, ohne Nachtdienste und Zulagen.

Sind Sie zufrieden mit dem Gehalt? 

Ganz ehrlich, ich finde, dass die Bezahlung angesichts unserer physischen und psychischen Aufgaben und dafür, dass wir die Verantwortung für zwei Personen, die Mutter und das Kind, tragen, nicht gerechtfertigt ist. Es ist auch unglaublich befremdlich, dass man in jedem Bundesland anders verdient. Außerdem ist unser Studium von der Qualifikation her das gleiche wie jenes anderer vergleichbarer Berufsgruppen, aber wir sind nicht im selben Gehaltsschema. Das ist wirklich ein Wahnsinn.

Was sind die Aufgaben einer Hebamme bei einer Geburt?

Unsere Aufgabe ist die Mutter und ihren Partner bei der Geburt zu unterstützen und das Kind zu überwachen. Bei der Geburtsarbeit sind viele Frauen so in sich gekehrt, dass sie eigentlich mit sich selber arbeiten. Und dann gibt es natürlich Frauen, die total glücklich sind, wenn sie von einer Hebamme angeleitet werden. Ja und dann darf ich dieses Kind auffangen. Danach geht die Arbeit im Wochenbett weiter: Wie geht es der Frau, wie geht es dem Kind?

Sehen Sie Unterschiede zwischen der Arbeit in öffentlichen und privaten Spitälern? 

Ich glaube schon, dass das Klientel ein jeweils anderes ist. Aber ich wehre mich gegen die Pauschalisierung, dass die -Patienten im Privathaus fordernd und reich sind und jene im öffentlichen -Krankenhaus haben prinzipiell einen Migrationshintergrund.

Wie viele Geburten leiten Sie pro Woche? 

Pro Dienst habe ich zumindest ein Kind. Bei sieben bis neun Diensten im Monat sind das im Schnitt acht bis 15 Babies, also als Teilzeitkraft.

Wird eine Geburt jemals Routine?

Die eigentliche Arbeit einer Hebamme geht in Fleisch und Blut über. Du kannst mit Notfällen ruhiger umgehen. Aber Routine wird es nie geben. Jede Frau ist anders, jedes Kind verhält sich anders, jedes Paar ist anders. Keine Geburt ist wie die andere.

Ihre Station ist auf Risikoschwangerschaften spezialisiert. Was ist das?

Risiko bedeutet, dass von Seiten der Mutter oder des Kindes eine Abweichung der Physiologie besteht, die zu einer Komplikation führen kann. Dazu zählen Grunderkrankungen der Mama, Mehrlingsschwangerschaften oder dass die Frau in der vorangegangenen Schwangerschaft bereits Probleme hatte.

Wie geht man als Hebamme damit um, wenn eine Geburt nicht gut ausgeht? 

Du lernst natürlich mit diesen Situationen umzugehen, auch wenn es sehr traurig ist. Wenn es passt, sitze ich auch einfach und weine mit der Frau gemeinsam, und das ist auch in Ordnung.