Zeitungsausträger arbeiten am Rand der Legalität. Ihre Ausbeutung hat System.
Ahnaf Gazi erweckt Misstrauen. Als er sein Rad an die Fassade lehnt, schiebt eine alte Frau die Vorhänge einen Spalt zur Seite und beobachtet den zierlichen Bangladescher. Gazi versteht das, er hat es selbst nicht so mit Ausländern. ›Multikulti‹, sagt er spöttisch, als er die Tageszeitung Die Presse aus der Bäckereikiste auf seinem Gepäckträger nimmt und Angela Merkel auf dem Titelblatt sieht. ›Multikulti.‹
Afrikaner würden Drogen verkaufen, Ungarn und Slowaken würden ihm seinen Job wegnehmen. Ahnaf Gazi (Name geändert), der Zeitungsausträger aus Bangladesch, der nach Österreich geflohen ist und hier um Asyl angesucht hat, und sie, eine skeptische Frau in einem Wiener Mehrparteienwohnhaus, trennt in diesem bizarren Moment nur der eine Umstand: Gazi steht auf der schwierigen Seite des Fensters.
Ahnaf Gazi, 27 , Jogginghose, schwarzes Haar, schneeweiße Zähne, stellt Zeitungen mit dem Fahrrad zu. Heute fährt er 120 Stück durch die Nacht. Er verdient zwölf Cent mit jeder zugestellten Zeitung. Im Monat kommt er so auf 550 bis 600 Euro. Es sei denn, es gibt Kundenbeschwerden, dann würden weniger Tage auf seinem Lohnzettel stehen. Gazi wohnt für 150 Euro Miete in einer Vierzig-Quadratmeter-Wohnung, zusammen mit drei Freunden. Als er neu in Wien war und noch keine Arbeit hatte, kam er in einer anderen Massenwohnung mit zehn Leuten unter. Irgendwie geht sich alles aus.
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