›Wir haben leider keinen Soros‹

Über Raucher, direkte Demokratie und Orbánismus.

Interview:
Stefan Apfl

Herr Nowak, wie halten Sie es mit dem Rauchen?
Ich halte es so, dass ich rauche.

Werden Sie das Nichtraucher-­Volksbegehren unterschreiben?
Als Politikjournalist und Chefredakteur nehme ich bei solchen Dingen nie teil, das ist eine prinzipielle Gewohnheit. Aber ich sympathisiere mit den Nichtrauchern. Man kann die Uhr nicht zurückstellen, die Zeit geht in Richtung Nichtraucherschutz.

Was ist da geschehen, dass die Partei des kleinen Mannes, die Partei des Volkes gegen ein Volksbegehren auftritt?
Ja, das ist spektakulär. Gegner und Befürworter von direkter Demokratie argumentieren im Grunde ähnlich. Wenn die direkte Demokratie ihrer Sache dient, ist sie gut. Wenn nicht, ist sie schlecht. Diese österreichische Schizophrenie zeigt, wie schwer wir uns mit dem Thema tun.

Das Herumgeeiere der FPÖ zeigt auch, dass sie noch nicht in ihre neue Rolle gefunden hat – in jene der oppositio­nellen Regierungspolitik.
Ja, das hat die ÖVP als Juniorpartner immer sehr erfolgreich betrieben.

Die ÖVP hat Opposition gegen den Regierungspartner SPÖ betrieben?
Genau. Der FPÖ fehlt der Gegner. Die Angriffe auf den ORF sind Ergebnis der Suche nach solch einem Gegner. Für das aktuelle ORF-Team rund um Alexander Wrabetz ist das wahrscheinlich sogar gut. Ein Gegner eint.

Der Regierungsdeal scheint zu sein: Die FPÖ tobt sich aus und die ÖVP sieht schweigend zu, macht ihre Arbeit.
Ja, aber wir reden über einen sehr kurzen Zeitraum. Unsere tagesaktuelle Dauer-Social-Media-Hysterie will, dass ständig irgendwer irgendwas ändern und vorschlagen muss. Man muss eine Regierungspartei nicht immer wahrnehmen, Hauptsache, sie regiert. Die ÖVP liegt in den Umfragen gut, einen Gegenwind sehe ich nicht. Und die notwendigen großen inhaltlichen Debatten, die wurden bis dato noch nicht geführt, etwa im Bildungsbereich.

Seit dem Wahltag hat niemand in der ÖVP mehr behauptet, dass es sich um eine Bewegung handelt. Dieses Motiv ist ebenso verschwunden wie Peter L. Eppinger. Alles nur ein Kampagnenschmäh?
Das ist ja nicht neu. Herr Macron hatʼs gemacht und regiert heute ganz normal. Sogar Jörg Haider hat versucht, seine freiheitliche Partei zur F-Bewegung umzuwandeln. Also ja, das war bei Kurz Teil einer Kampagnentaktik. Und man muss dazusagen, sie war erfolgreich.

In der vorliegenden Ausgabe schreibt Franz Schuh unter anderem, wie Sie im ORF sitzen und erklären, dass in Österreich schon kein Orbán um die Ecke kommen werde. Und Schuh fragt sich, wie kann sich der Nowak da so sicher sein?
Die österreichische Demokratie ist im Gegensatz zur ungarischen einfach gefestigt. Wir üben auch schon ein paar Jahrzehnte länger. Selbst wenn man nun mehrere Verfassungsrichter austauschen wird, haben wir schon ein System der Checks and Balances, das man jetzt auch nicht immer so runterdodeln soll. Jede Regierung färbt in Österreich um. Aber es ist sehr schwer, Struktur und Gefüge zu verändern. Das ist das letzte Mal bei der Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie passiert. Was ich unter Orbánisierung verstehe, ist, die Struktur eines Landes so zu verändern, dass sie nachhaltig autoritärer funktionieren kann. Das sehe ich in Österreich nicht.

Schuh schreibt, dass Strache der Soros fehlt, also der personifizierte Feind.
Ich bin ja ein Fan von George Soros. Richtig, wir haben keinen, und das ist schade. Denn ein bisschen mehr Förderung von intellektuellen und liberalen Bestrebungen, das täte Österreich gut. •