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›Wir übersetzen nur das Wichtigste‹

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Fotografie:
Ursula Röck
DATUM Ausgabe Februar 2021

Name  : Gabriele Gallo, 52

Beruf : Gerichtsdolmetscherin für Spanisch und Russisch, Konferenzdolmetscherin für Spanisch und Englisch

Warum braucht man eigentlich Gerichtsdolmetscher ?

Nach der Menschenrechtskonvention hat jeder Mensch ein Recht auf ein faires Verfahren, dazu muss er seine Verhandlung aber erst einmal verstehen. Das fällt auch vielen österreichischen Staatsbürgern schwer, weil sie nicht ausreichend Deutsch sprechen. Wenn sich jemand nicht gut ausdrücken kann und falsch verstanden wird, kann es sein, dass das Verfahren aufgehoben wird oder er oder sie im schlimmsten Fall zu Unrecht verurteilt wird. 

Wie wird man Gerichtsdolmetscherin ?

Voraussetzung ist ein Studium als Übersetzerin oder Dolmetscherin und zwei Jahre Berufserfahrung, oder fünf Jahre einschlägige Berufstätigkeit ohne Studium. Dann muss man die Zertifizierungsprüfung machen, vor einer Kommission aus Richter und Gerichtsdolmetschern aus der jeweiligen Sprache, die beurteilt, ob man über ausreichende Kenntnisse verfügt. Die Rechtsterminologie auf Deutsch wird überprüft, dann ist schriftlich und vom Blatt in beide Sprachrichtungen zu übersetzen. Alle fünf Jahre wird das Zertifikat verlängert.

Was ist an Ihrem Beruf anders, als die meisten Leute denken ?

Anders als in einigen anderen Ländern dolmetschen wir im Gericht nur auf Aufforderung des Richters. Wir geben also nicht Wort für Wort wieder, was alles gesagt wird, sondern nur die wichtigsten Teile. Eine Gerichtsdolmetscherin arbeitet außerdem nicht nur für Gerichte und Polizei. Wir sind zum Beispiel auch bei Hochzeiten im Einsatz und bei allen möglichen notariellen Akten, etwa Firmengründungen. 

Wie viel verdienen Gerichtsdolmetscher ?

Der tarifliche Stundenlohn beträgt etwa 25 Euro brutto, er ist seit 2007 nicht erhöht worden. Ich schätze, dass die Kolleginnen, die nur als Gerichtsdolmetscherinnen arbeiten, vielleicht zwei oder drei Gerichtsverhandlungen pro Woche haben und zusätzlich Gerichtsakten übersetzen, auf etwa 2.000 bis 3.000 Euro monatlich kommen. Netto ist das circa die Hälfte. Ich persönlich konnte mir das Gerichtsdolmetschen nur leisten, weil ich den größten Teil meines Einkommens aus dem besser bezahlten Konferenzdolmetschen bezogen habe. Diese Tätigkeit kann ich aufgrund der Coronakrise derzeit aber kaum ausüben.

Würden Sie jungen Leuten empfehlen, sich als Gerichtsdolmetscher zertifizieren zu lassen ?

Ja, wenn man gerne mit Sprachen arbeitet, ist Dolmetscherin ein sehr schöner Beruf. Wir sind ein wichtiger Bestandteil des Rechtsstaates und hoffen, dass das bald entsprechend gewürdigt wird, sonst wird es irgendwann keine Gerichtsdolmetscher mehr geben. Schon jetzt haben wir einen Altersdurchschnitt von 60. Aus diesem Grund kämpfen wir für eine bessere Bezahlung. Ich würde niemandem raten, das als alleinige Tätigkeit zu machen, weil man wahrscheinlich nicht davon leben kann.•