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Auch du, Buddha?

Der Buddhismus lockt mit dem Versprechen auf Erleuchtung. Nun kommen europaweit hunderte Fälle von sexuellem Missbrauch ans Licht.

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Illustration:
Manya Kulak
DATUM Ausgabe November 2017

Es hat Jahre gedauert, bis er eine Mücke töten konnte. Wenn er nachts vom Surren einer Mücke aufwachte, stand er widerwillig auf, holte ein Glas, fing das Tier lebend und ließ es durch ein Fenster frei. Vielleicht murmelte er dabei ein Mantra, etwa das, das dem Buddha des Mitgefühls zugeschrieben wird: Om mani padme hum. Wahre Glückseligkeit findet man nicht, indem man Glück für sich selbst anstrebt, sondern das Glück der anderen. Jedes Lebewesen soll man so behandeln, als wäre es die eigene Mutter – und wenn es nur die kleinste Mücke ist. Diese Sätze waren in Bens System eingespeichert, denn er wurde ›buddhistisch‹ erzogen, im Süden Frankreichs in Nyima Dzong. So heißt der ehemalige Tempelritterhof in den Alpen, auf dem sich die weitläufige Burg erstreckt. Mächtig und etwas abgeschirmt von der Außenwelt. Alles, was in Nyima Dzong geschah, sollte in Nyima Dzong bleiben. Auch seinen tatsächlichen Namen will Ben nicht verraten.

Die Prügel, die er bekam, wenn er während religiöser Rezitationen einschlief, zum Beispiel. Oder die 108 Niederwerfungen, die jene dreißig Kinder, die dort in den 1980ern aufwuchsen, zur Strafe machen mussten, wenn sie sich schlecht benahmen. 108 Mal auf die Knie in den Schnee werfen, um dann mit der Stirn den Boden zu berühren oder 108 Mal um den Tempel laufen. 108 gilt in der buddhistischen Welt als heilige Zahl.

Sieben Tage die Woche mussten die Kinder, ohne Pausen, Hausarbeiten verrichten und lernen, den Guru vor ihrem inneren Auge zu visualisieren, ihn zu verinnerlichen. Seine Glaubenssätze, seinen schmächtigen Körper, die spitze Nase und das schmale Kinn.

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