Auftragsrufmord
Über meine Erfahrungen mit ›Plagiatsjäger‹ Weber und die Lehren aus dem Fall Föderl-Schmid.
Sollte die Methode, mit der die stellvertretende Chefredakteurin der Süddeutschen Zeitung, Alexandra Föderl-Schmid, in die Verzweiflung getrieben worden ist, Schule machen, könnte ein Damm brechen. Der letzte Rest von Anstand, Umsicht, Fairness in der Gesellschaft würde weggespült. Der Auftrags-Rufmord käme in Mode.
Im September 2022 sah ich das Ganze noch lockerer. Der bekannte ›Plagiatsjäger‹ Stefan Weber war auf der Suche nach meiner Dissertation aus dem Jahr 1970. Zugegeben, ich machte mich in einem Kommentar lustig über diese Zeitverschwendung und schob, wie schon in früheren Fällen, die Verantwortung in allen Plagiatsaffären den Universitäten zu. Sie dürften problematische Arbeiten an sich gar nicht zulassen, sofern sie diese auch wirklich lesen.
Im darauffolgenden E-Mail-Verkehr gestattete mir Weber einen tiefen Einblick in seine Wortgewalt: ›Wuascht. Ihr Kommentar ist dumm und dämlich . . . Vielleicht haben Sie mich auch im Auftrag der Universität Wien verspottet.‹ Oder: ›Ich bin diese Hochnässigkeit von »Journalisten« wie Ihnen einfach satt (sic).‹ Oder: ›Ich habe drei wunderbare Kinder. Ich habe mein elftes Buch veröffentlicht (beides trifft . . . auf Sie offenbar nicht zu).‹ Dann schrieb er in seinem Blog einen Kommentar zu meinem ›schwachsinnigen‹ Kommentar.
Das also ist der Hauptakteur in dem Drama um Föderl-Schmid. Hätte er allein agiert, wäre es nicht dazu gekommen. Die anderen Akteure: als Auftraggeber die rechte Internetplattform Nius des ehemaligen Bild-Chefredakteurs Julian Reichelt, eine weitere Plattform namens Medieninsider, die Insiderinformationen aus der Süddeutschen Zeitung beschaffte, sowie deren Redaktion selbst.
Es wäre verführerisch, aber nicht zutreffend, das Ganze auch als Kollision männlicher Egos zu sehen, die eine karrierebewusste Spitzenvertreterin der Medienbranche traf. Das erklärt nicht die Häme, mit der diese in den Sozialen Medien überschüttet wurde; ist aber vielleicht eine Erklärung dafür, warum weder die Redaktion der Süddeutschen noch das meist männerdominierte Führungspersonal anderer Medien eine publizistische Schutzmauer bis zur vollständigen Klärung der Vorwürfe um Föderl-Schmid aufgebaut hatten. Das Schweigen war ohrenbetäubend.
Wie auf Akteure wie Weber zu reagieren ist, lässt sich leicht festhalten. Sein Motiv muss offengelegt, die Schwere seiner Plagiatsvorwürfe überprüft werden, Konsequenzen müssen transparent sein. Dann lässt sich schnell feststellen, ob tatsächliche Verfehlungen vorliegen. Bei manchen Arbeiten, wie jener von Ex-Ministerin Christine Aschbacher, waren sie in ihrer Offensichtlichkeit mit freiem Auge zu erkennen. Es muss eben differenziert werden.
Kontext ist doch das Zauberwort der Medien. Plagiat ist nicht Plagiat. Den Unterschied müssten doch gerade Journalisten erkennen, die immer das Gesamtbild im Blick haben wollen. Wahrscheinlich sollte man sich jetzt schon den Kopf darüber zerbrechen, wie das Abschreiben von Ergüssen der Künstlichen Intelligenz zu bewerten ist. Wird es einen Unterschied machen, ob man sie selbst ›gefüttert‹ hat oder jemand anderer? Good luck! •