Des Staates Advokat
Hypo, Cofag, Wien Energie: Fast immer, wenn es kracht in Österreich, wird Wolfgang Peschorn gerufen. Der Chef der Finanzprokuratur gilt als Prototyp des aufrechten Staatsdieners. Doch manche meinen, er fühle sich zu Höherem berufen.
Das Palais Rottal in der Wiener Singerstraße wirkt wie ein leiser Gruß aus einer versunkenen Welt. Die versteckte Pracht eines der letzten Barockbauten, der gegen Ende dessen Ära errichtet wurde, ist auf den ersten Blick im Straßenbild leicht zu übersehen.
Nach Betreten des etwas heruntergekommenen Innenhofs verweist ein unauffälliges Schild mit Pfeil nach rechts: Eingang Finanzprokurator. Die verglaste Portierloge ist verwaist, die weiterführende Doppeltür nur per Chipcard zu öffnen. Ein Aufkleber besagt: Wer als Hausfremder die Amtsräumlichkeiten betreten will, möge sich per Festnetz- oder Handy-Telefonnummer anmelden. Den Portier hat der Hausherr, Wolfgang Peschorn, schon vor Jahren eingespart.
Die Überlegung war schlicht: Die Finanzprokurator hat keinen amtsüblichen Parteienverkehr. Die Behörde, die inoffiziell den Beinamen ›Anwalt der Republik‹ führt, arbeitet nach dem Prinzip einer Feuerwehr. Sie rückt als Rechtsberater oder Rechtsbeistand aus, wenn sie von einem ›Klienten‹ gerufen wird. Als ›Klienten‹ kommen alle Ministerien und Einrichtungen des Bundes in Frage.
Nach der juristischen Feuerwehr wurde in den letzten Monaten sehr häufig gerufen. Das hat auch das öffentliche Bild einer Behörde, die im Amtsdeutsch als ›nachgeordnete Dienststelle des Finanzministeriums‹ fungiert, verändert. Mit dem etwas altmodischen Namen Finanzprokurator konnten bislang nur die wenigsten etwas anfangen. Der Chef der Behörde, der den stolzen Titel Präsident trägt, ist Konsumenten österreichischer Nachrichtensendungen zunehmend geläufig.
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