Die Rolle des Lichts
Ein Einblick auf aktuelle Arbeiten der großen österreichischen Künstlerin Elfie Semotan.
In den nahezu 60 Jahren ihrer Karriere hat Elfie Semotan in vielen Ländern fotografiert, die Modewelt geprägt und ihre spezifische künstlerische Handschrift weiterentwickelt – daraus ist ein einzigartiges Werk entstanden.
Kunst und Fotografie reflektieren als Ausschnitt und Momentaufnahme die Umgebung – gerahmt wie der Blick aus einem Fenster. Die Chrysanthemen in der Vase auf dem Fensterbrett in Elfie Semotans New Yorker Apartment haben ihre volle Blüte erreicht, die Skyline wirkt durch das Kondenswasser auf den Fensterscheiben entrückt wie durch einen Schleier. Licht fällt in der Abendsonne herein, und so wirkt das Stillleben wie ein sehnsüchtiger Blick auf eine Stadt, die für die Künstlerin seit den 1980er-Jahren eine regelmäßige Anlaufstation war.
Seit Jahrzehnten verbringt Elfie Semotan aber auch Zeit im Burgenland und setzt sich dort mit Menschen, Dingen, Orten und der Natur, die sie umgibt, auseinander. Dieser Austausch hat sich in den letzten Jahren weiter fokussiert. Es sind zärtliche Interaktionen aus Licht, aus unterschiedlichen Materialitäten, in denen manchmal Menschen die Protagonisten sind. So entstanden Porträts und Stillleben, die eine intensive Auseinandersetzung mit dem Gegenüber, den Stimmungen und der damit verbundenen Zeit widerspiegeln. Manchmal meint man eine Stimmung zu kennen, einem darin liegenden Gefühl nachgehen und – einem Geruch gleich (nach Proust) – eintauchen zu können. Häufig kennt man sich schon einen großen Teil des Lebens. Es ist eine sensible Reflektion der eigenen Zeit und ihrer Umgebung.
›Licht spielt eine entscheidende Rolle. Es definiert eine Form oder löst sie auf. Licht erzeugt ein Foto oder es zerstört es.‹ Diese Analyse von Elfie Semotan beschreibt ihren Umgang mit ihrer Umgebung, die kontinuierlich analysiert und manchmal in irritierenden Situationen eingefangen wird. Solche Momente sind häufig fragil und bleiben für unsere Augen einzigartig. •
Elfie Semotan (*1941, Wels, Oberösterreich) hat in den letzten Jahrzehnten mit Mitteln der Fotografie eines der renommiertesten fotografischen Œuvres in Österreich geschaffen. Die Auflösung der
Grenzen zwischen Kunstgeschichte, Mode, Werbekampagnen und dem Alltäglichen ist dabei zu einem
stilbildenden Merkmal ihrer Arbeit geworden. Aktuell sind ihre Arbeiten in Aus-stellungen im Francisco Carolinum Linz und der Landesgalerie Burgenland, Eisenstadt zu sehen.
* Felix Hoffmann leitet das Foto-Arsenal Wien, Österreichs neues Zentrum für fotografische Bilder und ›Lens Based Media‹. Das dafür vorgesehene Gebäude im Wiener Arsenal wird noch umgebaut, die Eröffnung ist für Anfang 2025 geplant. Interimistisch findet der Ausstellungsbetrieb im Museumsquartier statt – und im DATUM. Mehr Informationen: www.fotoarsenalwien.at