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Editorial September 2021

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Illustration:
Blagovesta Bakardjieva
DATUM Ausgabe September 2021

Liebe Leserinnen und Leser !

Dieser Herbst wird ein historischer. Die USA werden am 11. September der Opfer gedenken, die Al-Qaidas Angriffe auf das World Trade Center und das Pentagon gefordert haben. Sie werden Flaggen hissen und Hymnen singen, aber wohl kaum die Bilder vergessen ­lassen können, die ihr überhasteter Abzug aus Afghanistan erzeugt hat : 20 Jahre nach 9/11 sind wieder Menschen vom Himmel gefallen. Diesmal waren es junge Männer, die aus Furcht vor den Taliban auf ein startendes Flugzeug geklettert waren und so zu Symbolen für all jene wurden, die ihr Vertrauen in die Versprechen des Westens mit dem Tod bezahlen.

Die Schande von Afghanistan hat auch den deutschen Wahlkampf aus seinem Klein-klein-Modus ­gerissen, der so gar nicht zur bevorstehenden Zei­tenwende passen wollte : Nach 16 Jahren endet die Kanzlerschaft von Angela Merkel, und es ist noch erstaunlich offen, wer ihre Nachfolge antreten wird.

Wir haben die Bundestagswahl am 26. September zum Anlass genommen, unseren wichtigsten Nachbarn einen Schwerpunkt zu widmen. Als Gastkurator  stand uns mit Ralf Beste niemand Geringerer als der deutsche Botschafter in Österreich zur Seite. Der ehemalige Spiegel-Journalist lieferte nicht nur Fragen und Impulse, denen Moritz Moser, Jonas Vogt, Miriam Steiner und Dirk Stermann nachgegangen sind, sondern auch fünf sehr persönliche Gründe, warum Deutschland nicht nur Politikin­teressierte, sondern auch Reisende überraschen könnte.

Auch hierzulande steht im Herbst politisch einiges auf dem Spiel. Da wäre zunächst einmal der Beginn des Schuljahres, der wie vergangenes Jahr mit dem Beginn einer weiteren Corona-Welle zusammenfällt. Im Unterschied zu 2020 hat jedoch der Bundeskanzler den Schutz vor dem inzwischen deutlich aggressiveren Corona-Virus mit Verweis auf den Impffortschritt zu › einem individuellen medizinischen Problem ‹ erklärt – eine Schluss­folgerung, die nicht nur Eltern von (derzeit nicht impfbaren) Kindern unter zwölf Jahren empört.

Mit gravierenden Konsequenzen muss der Kanzler aber derzeit nicht rechnen. Glaubt man spätsommerlichen Umfragen, könnte die ÖVP auf Bundesebene ihr (relatives) Tief überwunden haben, in Oberösterreich, das am gleichen Tag wie Deutschland wählt, darf sie mit einem klaren Sieg rechnen.

Heikler wird der Herbst für die Grünen : Sie müssen in den Verhandlungen über die öko-soziale Steuerreform Erfolge erzielen, die ihre Wähler darüber hinwegtrösten, dass sie dem schamlosen Populismus der ÖVP im Bereich Migrationspolitik bisher kaum etwas entgegensetzen konnten. Das vor Kurzem in dezimierter Form präsentierte 1-2-
3-Ticket wird dafür nicht reichen.

Last but not least haben wir aber auch noch eine höchst erfreuliche Nachricht in eigener Sache. Nachdem wir uns im Juli von unserem Kolumnisten Mugtaba Hamoudah verabschieden mussten, werden künftig zwei Autorinnen regelmäßig für ­DATUM schreiben, die dem Magazin schon lange verbunden sind. Die ersten Kolumnen von Anneliese Rohrer und Solmaz Khorsand lesen Sie auf den Seiten 49 und 61. •

Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre!

Ihre Elisalex Henckel