Ein Unsittenbild
Mehr als 100 Zeugen, rund 500 Sitzungsstunden, alle paar Wochen neue hochnotpeinliche Chat-Protokolle im Dutzend. Was bleibt vom Ibiza-U-Ausschuss ?
Es ist kurz vor zehn Uhr, als die Abgeordneten, Assistenten, Verfahrensrichter, Stenographen und das Ausschuss-Präsidium im Camineum ihre Plätze einnehmen. Der ebenerdige Veranstaltungssaal der Nationalbibliothek am Wiener Josefsplatz war am Höhepunkt der Pandemie zum Sitzungssaal des U-Ausschusses umgerüstet worden, um auch in Lockdown-Zeiten ausreichend Abstände und Belüftung zu bieten.
Der Preis ist eine schlechte Akustik und ein Setting, dass noch mehr auf Konfrontation ausgerichtet ist : An der einen Seite des langgestreckten Saales hinter Plexiglas-Verschlägen der Ausschuss-Vorsitzende, meist Parlamentspräsident Wolfgang Sobotka, flankiert von Juristen und zwei freien Plätzen für die jeweilige Auskunfts- samt Vertrauensperson.
Auf der anderen Seite auf zwei langgestreckte Reihen verteilt die fragenden Abgeordneten samt Assistenten, ebenfalls hinter Plexiglas-Aufstellern. Dazwischen reichlich Raum für akustische und politische Missverständnisse. Was aber, außer diesen Missverständnissen, bleibt nach fast anderthalb Jahren vom am 22. Jänner 2020 eingesetzten › Untersuchungsausschuss betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkisblauen Bundesregierung ‹? Hat das von ÖVP-Mann Wolfgang Sobotka geleitete Gremium strukturelle Korruption öffentlich gemacht oder nur medienwirksam die Schmutzwäsche türkiser Familien-Chats gewaschen?
An diesem Dienstag Anfang Juni kommen die Mandatare nach Mittag zu einer unverhofften Ausschuss-Pause, weil sich die ÖVP demonstrativ nicht an der bereits zweiten Befragung von PR-Unternehmerin Gabriele Spiegelfeld beteiligt und sie dadurch kürzer dauert als geplant. Die zweite Auskunftsperson des Tages, eine Kabinettsmitarbeiterin im Finanzministerium, hat sich kurzfristig entschuldigt. Der dritte Zeuge, Ex-Erste-Chef Andreas Treichl, ist erst für den späten Nachmittag geladen.
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