Gepflegte Notizen
Franz Schuh schrieb für dieses Magazin, das sei aus Gründen der sogenannten Transparenz gleich zu Beginn durchsichtig gemacht, jahrelang eine ziemlich anspruchsvolle Kolumne, die man weder groß zu redigieren brauchte noch es gedurft hätte. Das hängt damit zusammen, dass Schuh zu lesen immer ein wenig bedeutet, jemandem gleichsam beim Denken zuzusehen: Und in die Gedanken eines anderen, noch dazu eines zweifellos gescheiten Menschen, greift man nicht ein.
In seinem neuesten Essayband ›Ein Mann ohne Beschwerden‹ tut Schuh nun ein weiteres Mal, was er am besten und in der Tat ziemlich gut kann: Er denkt laut über alles Mögliche nach, verknüpft Triviales mit Hochphilosophischem, Goethe und Adorno mit Zitaten aus den Gilmore Girls, ohne den Unterschied zu nivellieren. Weil Schuh seine Sprache – nein, eben nicht beherrscht, sondern wie ein Instrument zu spielen, neu zu stimmen und noch einmal anders zu spielen versteht, folgt man ihm dabei als Leser nur allzu gerne überallhin. Gerade dort, wo der Autor fast ins Notizenhafte abgleitet, etwa wenn er seinen Erfahrungen in einem Wiener Pflegeheim mitten in der Pandemie ein paar letzte erhellende Gedanken über den Tod abtrotzt, ist das Buch am stärksten.
Man liest es und denkt sich: Es zahlt sich halt vielleicht doch aus, wenn die Menschen, die Bücher schreiben, vorher auch welche gelesen haben, und zwar mehrheitlich gute. Gerade weil das heute schon die Ausnahme ist, möchte man Franz Schuh nicht missen.
Franz Schuh
Ein Mann ohne Beschwerden
Zsolnay Verlag