Heimatlieder
Aktuelle Popmusik zu überblicken, ist angesichts der Fülle an ständigen Neuerscheinungen illusorisch. Aber man kann es zumindest bei lokalen Hits versuchen, zum Beispiel bei Bibiza. Das ist ein Wiener Rapper, der in den letzten Jahren die FM4-Charts anführt, 2024 fünf Mal für den Amadeus nominiert war und stark auf Lokalkolorit macht, was immerhin von hier bis Deutschland gut ankommt.
Zu Songtiteln wie ›Donau‹, ›Ode an Wien‹, ›Opernring Blues‹ oder ›Akademie der Bildenden Künste‹ zitiert Bibiza Falco, Michael Häupl, Mozart und was die Stadt sonst so an Selbstreferenzialität hergibt. Bibizas Herkunft (bürgerlich, Mariahilf) spiegelt sich in den Inhalten (Partys, Drogen, bisschen zu viel Geld, Langeweile) wider. In den Songs geht es also grob um dekadente Exzesse (›Jede Vernissage -weißes Pulver durch paar Röhren jagen‹), Bindungsvermeidung (›Ich kenn’ dich vom Internet, aber ich schau nicht hin, ich schau weg‹) und mittlere Probleme in der heutigen Jeunesse dorée.
Immer ist ein bisschen Ironie dabei, ist alles ein bisschen melancholisch, aber nicht so schlimm, weil sogar die Katerdepression in der jüngsten Single ›aufnimmawiederschaun‹ (›Ich blüh’ so richtig auf im Untergang, du schönes tiefes Loch, natürlich spring ich rein‹) eigentlich nur Pose ist.
Dass die Musik vor lauter Heimat trotzdem nur bedingt provinziell wirkt, liegt an der international etablierten Form basslastiger Synthie-Hip-Hop. Und vielleicht ist lokale Authentizität in den Texten das, was es in einer globalisierten Popwelt braucht, um besonders zu sein.