Das Anthropozän, als Auflösung des Gegensatzes von Kultur und Natur, taugt als literarisches Setting – einst für Romane, jetzt auch für Sachbücher.
Dass › Natur ‹ etwas von › Kultur ‹ ganz und gar Unabhängiges und Unterschiedenes sei, ist eine der gängigen Lebenslügen unserer Zeit. Der US-amerikanische Schriftsteller Richard Brautigan hat diese in der Moderne unhaltbar gewordene Position schon 1967 in seinem Roman › Trout Fishing in America ‹ trefflich literarisch unterwandert: › Der Bach war wie 12.845 Telefonzellen in einer Reihe mit hohen viktorianischen Decken, und alle Türen waren fort und die Rückseiten der Zellen herausgebrochen. […] Die Forellen in diesen Telefonzellen waren gute Kerle. Es gab eine Menge Halsabschneider-Forellen, fünfzehn bis zwanzig Zentimeter lang, richtige Pfannengröße für Ortsgespräche. Manchmal fanden sich da einige Kerle, so an die sechsundzwanzig Zentimeter für die Ferngespräche. ‹
Dass Hybride die Unterscheidung von Natur und Kultur unterlaufen, spielt auch in der Diskussion um das sogenannte Anthropozän eine wichtige Rolle. Der im Jahr 2000 geprägte Begriff entstammt ursprünglich der Naturwissenschaft. Recht rasch aber reüssierte er in den Geistes- und Sozialwissenschaften sowie im Kunst- und Kulturbetrieb. Eva Horn und Hannes Bergthaller begründen dies in ihrem 2019 erschienenen Buch › Anthropozän zur Einführung ‹ mit zwei Eigenschaften, die der Begriff aufweist: Zum einen sei er eine Diagnose der Gegenwart, indem diese als eigener erdgeschichtlicher Abschnitt betrachtet wird, der das Holozän, das Nacheiszeitalter, ablöst. Zum anderen eigne er sich dazu, zahlreiche Einzelsymptome zusammenzufassen: globale Erwärmung, Artensterben, Vermüllung, Bodenversiegelung, Mikroplastik etc.
Wörter: 2020
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