›Macht dumme Menschen nicht berühmt‹
8:00. Mein krankhafter Medienkonsum beginnt mit orf.at. Ich lese leicht verklatscht von Antidepressiva-Alpträumen die rätselhaften Headlines: ›Viel zu tun nach Felsstürzen in Tirol‹. Zu hoffen, dass die alles schaffen, was da in Tirol zu tun ist. Auch in Kärnten geht es zu, seit Doktor Jörg Haider nicht mehr aufpasst: ›Zubetoniertes WC: Mehr Beton als gedacht‹. Viel Glück!
8:35. Ich leere am Weg in die Arbeit einen healthy Smoothie in meinen benzoverseuchten Leib und gehe auf diepresse.com. Ich will die ›Let’s make money‹-Kolumne lesen, aber sie ist ein Premiumartikel. Wie soll ich so lernen, wie man Geld macht?
09:20. orf.at: ›Flugzeug wird auf Grazer Hoteldach transportiert‹. Cool! Bekommen wir auch endlich unser 9 /11?
11:30. Kaffeepause und krone.at. ›Kannibalismus: Reporter isst sein eigenes Fleisch‹. Leider kein krone.at-Reporter, der sich isst. Der kannibalische BBC-Reporter heißt Greg Foot, womit sich die Frage nach dem gegessenen Körperteil erübrigt.
13:45. Ich streife während des Mittagessens ziellos durchs Internet. Addendum.org: ›Der Islam und die Schule‹. Endlich berichtet einmal ein Medium über das Thema Islam, das hat gefehlt.
16:09. Wenn mich die Kräfte verlassen, geh ich auf oe24.at. Es gibt aktuell 432 Artikel mit dem Wort ›versext‹: ›So versext ist Baumgartners Neue‹. ›Irre BH-Show in Wien: Gabalier versext seine Fans‹. Auch versexte Nischenthemen wie Kannibalismus werden bedient: ›Busen-Köchin versext die Festtage‹.
17:34. Ich brauch eine Österreich-Pause. Lese die ›Zeit‹-Coverstory von Jens Jessen (›Schäm dich, Mann‹), in der er mit dem Feminismus abrechnet. Fühle mich zum ersten Mal seit 2007 männlich ohne Scham. Danke! Fahre heim zu meiner Familie, um mich vom Tag als wichtiger Mann zu erholen (Frau, Kind und Hund schlagen), anschließend deutsche Fußball-Bundesliga (mit Noise-Cancelling-Kopfhörer, damit Frau, Kind und Hund nicht stören).
18:05. Florian Aigner schreibt auf futurezone.at: ›Macht dumme Menschen nicht berühmt!‹. Jeder kenne Kanye West, niemand wisse genau warum. Vermutung: Wenn Aigner mit der Kutsche ins Futurezone-Büro fährt, liest er Platon und hört dazu einen Walther-von-der-Vogelweide-Trap-Remix.
19:09. Praktisch an krone.at: Man muss nicht draufklicken, sondern sich die Schlagzeilen nur vorstellen. Jetzt: ›Nächste brutale Afghanen-Attacke: Ausländischer Afghanen-Afghane (26) grüßt österreichischen Polizist (Österreicher) nicht‹.
19:26. Ich dreh ServusTV auf, den rückwärtsfahrenden Doppelmayr-Sessellift unter den österreichischen Medien. ›Der Wegscheider‹ ist für mich Pflicht. Es geht wie sonst auch um Linke, Kopftuch und Vergewaltigung.
21:31. Gehe psychisch schwer lädiert auf kurier.at. Es fühlt sich an, als würde einfach was nicht stimmen. Immer wieder taucht das Gesicht von Helmut Brandstätter irgendwo auf. Wahrscheinlich ist es das. Lese einen Kommentar von Martina Salomon. These: Gesetzlicher Mindestlohn ist schlecht für die Wirtschaft. Stimmt! Was faule, dumme Mindestlohnsklaven von tüchtigen, intelligenten High Performern mit drei mühsam ererbten Wohnungen und 17 Journalistenpreisen unterscheidet, ist einfach fehlende Eigenverantwortung.
23:45. Mein Tag endet damit, dass ich auf Facebook einen gesponserten Link von diepresse.com angezeigt bekomme: ›Warum sich Praktika für Jugendliche doppelt lohnen‹. Apokalyptische Spätspätspätkapitalismus-Vibes. Ich werfe meinen Laptop sicherheitshalber in die Donau.