Stunde Null
Vor lauter Korruptionsskandalen, Boulevardmedien und politischen Verflechtungen könnte man ja manchmal vergessen, dass Österreich eine liberale Demokratie ist. Und dass nach dem Nationalsozialismus große Anstrengungen der (west-)alliierten Befreiungsmächte unternommen wurden, hier eine liberale Demokratie zu etablieren.
Die aktuelle Ausstellung ›Kontrollierte Freiheit. Die Alliierten in Wien‹ im Wienmuseum behandelt das Thema, indem sie unter anderem die Kulturpolitik der Alliierten während ihrer zehnjährigen Besatzungszeit beleuchtet. Wie wandelte sich eine totalitäre Gesellschaft zu einer freien? Wie gewannen die Alliierten die Bevölkerung unmittelbar nach Kriegsende mit Kulturveranstaltungen für sich, obwohl die Versorgungslage schlecht war?
Dass wichtige österreichische Autorinnen und Autoren wie Ingeborg Bachmann, Ilse Aichinger oder Helmut Qualtinger auf von der US-Armee gegründeten Radiosendern eine erste Plattform gefunden haben, ist einigermaßen bekannt. Aber welche Rolle die Franzosen bei der Förderung bildender Kunst spielten und wie die Sowjetunion die Besatzung nutzte, um russisches Ballett nach Wien zu bringen, vielleicht weniger. Die Ausstellung präsentiert die Besatzung auch als Moment der Neuorientierung, als Stunde Null, nach der ein kosmopolitisches Österreich wieder weltoffener sein sollte. Weil das halbwegs gelungen ist und um ein bisschen interessierte Demut zu zelebrieren, machen Sie sich auf ins Wienmuseum.
Kontrollierte Freiheit – Die Alliierten in Wien bis 7. September 2025 im Wienmuseum