Wie es ist … ein Schlaflabor zu leiten

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Fotografie:
Tirol Kliniken
DATUM Ausgabe Oktober 2023

Guten Schlaf kann man messen, und genau das machen wir im Schlaflabor. In erster Linie muss der Schlaf lange genug andauern. Für die meisten Erwachsenen reichen sieben bis neun Stunden. Als Leiterin eines Schlaflabors kommen Leute aus ganz verschiedenen Gründen zu uns, zum Beispiel, weil sie tagsüber nicht wach bleiben können, nachts nicht ein- oder durchschlafen oder weil die ­Atmung während des Schlafs gestört ist. 

Nicht jede ­Person, die Schlafstörungen hat, muss ins Schlaflabor gehen, sehr oft genügen ein ausführliches Gespräch oder ­Zusatzuntersuchungen. Das Kernstück der schlafmedizinischen Diagnostik ist die Polysomnographie. Dabei wird der Patient ­ver­kabelt, um mittels ­Messung die Ursachen von Schlaf­störungen bestimmen zu können. Wir im Labor ­messen dabei die Aktivität des Gehirns, verschiedener Muskeln oder die Atmung. So können wir zum Beispiel die Schlafstadien bestimmen und ob sie in der richtigen Menge und Reihenfolge ­auftreten. 

Wir haben dafür eine sehr kontrollierte Umgebung. Die Räume sind temperaturkontrolliert, lärm­isoliert, und es ist wirklich dunkel, weil bereits geringe Restlichtmengen den Schlaf beeinflussen und stören können. Natürlich schläft man im Labor nicht wie zu Hause. Wir haben auch nur ein normales Krankenhausbett in einem Krankenzimmer. Aber das reicht, um alle Schlaf­stadien gut zu erkennen.

Es kann natürlich vorkommen, dass Patienten zu schlafwandeln beginnen. Im Labor sind die Patienten aber total verkabelt, das heißt, sie kämen nicht weit. Die Leute liegen bei uns acht Stunden im Bett, wovon sie dann meist mindestens fünf bis sechs Stunden schlafen. 

Grundsätzlich kann ich sagen: Ein Hauptproblem ist, dass die Hälfte der Österreicher sich grenzwertig zu wenig Zeit zum Schlafen nimmt. Vor circa zehn ­Jahren gab es eine Umfrage, laut der 50 Prozent der ­Österreicher nur sieben Stunden oder sogar noch weniger schlafen, und damit genau an der ­Untergrenze von dem, was empfohlen ist, oder eben ­darunter. Außerdem schlafen in Krisenzeiten wie ­momentan die ­Menschen noch schlechter. 

Leider kommen Leute erst nach vielen Jahren schlechtem Schlaf zu uns. Klassischerweise sagt eine Frau ihrem Ehemann seit zehn Jahren, dass er sich ganz grausig anhöre, wenn er schnarcht. Die häufigsten Gründe dafür sind anatomische Ursachen, wie ein nach hinten fallender Unterkiefer oder erschlaffter Gaumen – verstärkt durch Übergewicht, mit Fetteinlagerungen im Hals, Alkohol oder Medikamente, die den Atemantrieb hemmen. Neben der PAP-Behandlung, bei der (über eine Maske) ein positiver Luftdruck in den oberen Atemwegen aufgebaut wird, um diese freizuhalten, sind die Therapieoptionen breit gefächert, vom Lebenswandel bis zur OP. Aber schon Schlafen in Seitenlage kann in bestimmten Fällen helfen.

Es ist jedenfalls gut, rechtzeitig zu uns zu kommen. Denn auf kurze Sicht ist wenig Schlaf schlecht für die Leistungsfähigkeit – und auf lange Sicht für unsere Gesamtgesundheit. •

Zur Person:

Birgit Högl ist Professorin für Neurologie mit Schwerpunkt Schlafmedizin an der Medizinischen Universität Innsbruck. Dort leitet sie das Schlaflabor. Ihr Buch ›Besser schlafen – Wie erholsamer Schlaf Gehirn und Körper fit hält und uns länger und gesünder leben lässt‹ ist am 2. Oktober im Brandstätter Verlag erschienen.

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