›Wir brauchen Elfen, um gegen Trolle zu kämpfen‹
Der Propagandaexperte Peter Pomerantsev über politische Kriegsführung, die EU als regulatorische Supermacht und die Sinnlosigkeit von Moral-Predigten.
Ihr neues Buch ›How to Win an Information War‹ trägt den Untertitel ›The Propagandist Who Outwitted Hitler‹. Es geht darin um Sefton Delmer, der im Zweiten Weltkrieg für die Engländer eine ganze Armada an Desinformations-Kanälen aufgebaut hat. Bevor wir über ihn sprechen: Befinden wir uns bereits mitten in einem Informations-Krieg?
Peter Pomerantsev: Ja, ganz offensichtlich. Ob wir wollen oder nicht, die andere Seite – Russland, China oder der Iran – denkt sehr ernsthaft über politische Kriegsführung nach und startet sehr spezifisch angelegte Kampagnen. Und genau das bezeichnen wir als Informationskrieg. Es geht um Formen der Information, die für politische oder militärische Zwecke genutzt werden. Davon gibt es eine ganze Menge, und es ist eine einseitige Kriegsführung. Einiges wurde mittlerweile offengelegt, und seit dem Jahr 2016 gibt es Fortschritte, was das Monitoring betrifft. Es gibt viele Initiativen, Unternehmen, die mithelfen, Desinformation aufzudecken, aber auf einer gesellschaftlichen und kulturellen Ebene sind die Bedingungen immer noch sehr schwierig.
Was meinen Sie damit?
Es gibt einige Länder wie Finnland oder Estland, die das Thema mit der notwendigen Ernsthaftigkeit angehen, aber meistens ist das nicht der Fall. Schauen Sie sich an, was in den USA mit dem Global Engagement Center passiert ist, eine Einheit des Außenministeriums, deren Aufgabe es ist, ausländischen Einfluss aufzudecken. Anstatt, dass sie von beiden Parteien unterstützt wird, wird diese Agentur politisch von einer Seite attackiert. Es gibt also kein parteiübergreifendes Verständnis, dass es sich hier um eine Bedrohung unserer aller Sicherheit handelt. Es gibt nicht einmal eine gemeinsame Sprache, uns fehlt sogar das Vokabular: Sie nennen es Informationskrieg, ich sage Politische Kriegsführung, aber keinen dieser Begriffe gibt es in einem ernsthaften politischen oder rechtlichen Rahmen. Wir können also nicht einmal definieren, womit wir konfrontiert sind, und das macht es sehr schwer, etwas dagegen zu unternehmen.
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