Anders gut
Was zeichnet gute Politiker aus? datum hat Vertreter aller Parlamentsklubs gefragt, welche Kollegen sie schätzen. Einzige Vorgabe: Die Genannten dürfen nicht der eigenen Partei angehören.
Julia Herr (stellvertretende Klubobfrau der SPÖ) empfiehlt:
Nico Marchetti von der ÖVP
Obwohl ich mit Nico Marchetti nicht direkt politisch zusammengearbeitet habe, respektiere ich seine Positionen im Bereich der Gleichstellungspolitik. Sich innerhalb der ÖVP, einer erzkonservativen Partei, die stets ein traditionelles und für mich veraltetes Familienbild propagiert, für die Rechte von homosexuellen Personen und Paaren einzusetzen, stelle ich mir herausfordernd vor. Ich könnte mir vorstellen, dass das nicht jedem in der Partei schmeckt.
Ganz allgemein glaube ich, dass die persönliche Integrität bei den Themen, für die man brennt, wichtiger ist als die Parteilinie. Wir sind von der Bevölkerung direkt gewählt und nehmen damit auch ein persönliches Mandat an. In meinen Augen sollte das mehr zählen als der Klubzwang.
Nina Tomaselli von den Grünen
Ich habe mit Nina Tomaselli erstmals während der Arbeit im ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss zu tun gehabt. Der Untersuchungsausschuss ist unser mächtigstes Instrument zur Aufklärung, und wir als Abgeordnete haben dort unseren Kontrollauftrag zu erfüllen. Das ist die Aufgabe aller Parlamentarier, unabhängig von der Parteizugehörigkeit. Klar ist trotzdem, dass es einer Oppositionsabgeordneten leichter fällt als einer Vertreterin einer Regierungspartei, weshalb ich die Arbeit von Nina Tomaselli im Ausschuss zu schätzen gelernt habe.
Ein Beispiel: Ist eine Person in den Ausschuss geladen, beginnt eine Partei mit der Befragung, dann übernimmt nach einer Zeit die nächste. Wenn wir als SPÖ zum Beispiel an einem Thema dran sind, ist es dankenswert, wenn eine andere Partei danach den Ball aufgreift und weiterfragt. Mit Tomaselli war es möglich, kooperativ zusammenzuarbeiten.
In einer Demokratie muss man als Politikerin die Würde des Hohen Hauses hochhalten und seine Gremien respektieren – im Vergleich zu Kolleginnen und Kollegen der ÖVP, die das Instrument des Untersuchungsausschusses oft ins Lächerliche gezogen haben, war dies bei Tomaselli der Fall. Zugegebenermaßen war Tomasellis Partei aber auch nicht Untersuchungsgegenstand.
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