›Es geht darum, dass man Kinder bringt‹
US-Streaminganbieter haben orthodoxes Judentum als Serienthema entdeckt. Wie aber lebt es sich als orthodoxe Jüdin in Wien? Ein Gespräch mit der Pädagogin Michal Grünberger.
In diesem Ess- und Wohnzimmer feiert die Familie Grünberger wöchentlich den Schabbat. Eine riesige Tafel mit zwölf Stühlen, dem alten Piano, auf dem Michal als Kind spielen gelernt hat, dem silbernen Armleuchter. Sieben Kerzen, sieben Kinder. Am Gang steht der Buggy, am Klavier das Babyfoto, auf der Anrichte das Bild der Mutter, die vor einem Jahr gestorben ist. Michal Grünberger tritt in ihre Fußstapfen. Sie arbeitet auch an der Zwi-Perez-Chajes-Schule der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, achtet als Pädagogin und Religionsausbildnerin darauf, dass die Vorschriften des Judentums eingehalten werden. Um 14:35 eilt sie nach Hause und kippt erst einmal das Fenster. Die weißen Lilien und eine zartrosa Hortensie verströmen einen intensiven Duft. Dann beginnen wir unser Gespräch.
Sie sind 1980 in Israel geboren, als mittleres von fünf Kindern. Als sie fünf Jahre alt waren, zog die Familie nach Wien. Bis auf den Bruder, der mit 15 in Israel im Internat blieb. Wo fühlen Sie sich zu Hause?
Michal Grünberger: Wir fühlen uns sehr wohl in Wien. Es ist eine, zum Beispiel im Vergleich zu London, verhältnismäßig kleine Jüdische Gemeinde mit einer erstaunlichen Infrastruktur. Wien ist eine tolle Stadt, aber ich hatte immer diese Hoffnung, diesen Traum, in Israel zu leben. Im Moment wohnen drei Geschwister dort und meine beiden ältesten Kinder. Die Tochter wird wahrscheinlich bleiben, der Sohn überlegt noch.
War es für Sie keine Option?
Grünberger: Die Wahrheit ist: Ich wollte nach der Matura in Israel studieren und tat das auch eineinhalb Jahre. Dann habe ich meinen Mann kennengelernt und geheiratet. Ich dachte, wir ziehen nach seinem tu-Studium nach Israel. Das ist aber nie passiert. Wenn man einmal verankert und verwurzelt ist, dann ist der Schritt schwierig.
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