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Geburt und Gewalt

Jede zweite Frau erlebt im Kreißsaal Übergriffe. Warum?

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Fotografie:
Thomas Gobauer
DATUM Ausgabe Februar 2020

Eigentlich liebt Paula* ihren Beruf. › Es ist ein großes Geschenk, bei einer Geburt dabei zu sein, diesen Moment mit den Frauen zu tei­len‹, sagt die 26-jährige Hebamme. In ihrer Stimme spürt man ein Lä­cheln. Seit etwas über einem Jahr arbeitet sie in einem niederösterreichischen Spital. Es ist ein kleines Haus, in dem sich Paula wohl fühlt : Die Kollegen unterstützen einander, Paula be­kommt Feedback, kann täglich dazulernen. Und doch rät sie : › Jede Frau, die es sich leis­ten kann, sollte ihr Kind mit einer pri­vaten He­bamme bekommen. ‹ Warum ? 

Paula muss während vieler Gebur­ten medizinisch und ethisch schwie­rige Entschei­dun­gen treffen, denn sie trägt die Verant­wor­tung für beide : für Mutter und Kind. Es gibt Mo­mente, die zu fordern schei­nen, sich zwischen ihren diver­gierenden Inter­essen zu ent­scheiden. Wenn die Herz­töne des Kindes merk­lich schwä­cher werden, muss es rasch auf die Welt gebracht werden. Dann gilt es einzugreifen. Was aber, wenn die Mutter in dem Moment einen Eingriff – wie einen Kaiserschnitt – ablehnt ? Kann das Wohlbefinden von Kind und Mutter überhaupt getrennt voneinander be­trachtet werden ? Ein gesundes Kind zur Welt zu bringen, das ist innerstes Interesse der Mutter. Und doch gibt es Situationen, in denen sie vielleicht sagt : › Nein, diesen Eingriff möchte ich jetzt nicht ‹, oder › Ich kann nicht mehr ‹, oder › Ich brauche Zeit ‹. Für Geburtshelfer – Hebam­men und Ärzte – gilt es, die Stimme der Mutter zu hören und gleichzeitig die Interessen des Kindes wahr­zunehmen. Wie gehen sie damit um, zwei Patienten zu haben, die doch zu Beginn jeder Geburt eine Einheit sind ? Für Mutter, Kind und diese Einheit geht es um Integrität, um Verletzlichkeit, um Schmerzen, Scham, Würde – manchmal sogar um Leben und Tod. Für Ge­burts­helfer geht es zusätzlich um Gesundheits­sta­tistiken, Aus­lastungszahlen und Organi­sations­struk­turen. Wie gelingt eine Geburt unter diesen Um­ständen ?

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Wörter: 3236

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