„Mein Auto ist wie mein Zuhause“

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Fotografie:
Ursula Röck
DATUM Ausgabe Oktober 2023

Name: Dragica Jakob, 54

Beruf: Taxifahrerin

Wie wurden Sie Taxlerin?

Vor zwölf Jahren habe ich in einer Küche gearbeitet und wollte einen anderen Job, bei dem ich nicht stinke und gut aussehen kann. Im Taxi habe ich eine Lüftung und fühle mich einfach besser, also habe ich wie ein paar meiner Freunde auch den Schein gemacht. 

Wie hat sich der Beruf verändert?

Insgesamt werden mehr Taxis bestellt, auch weil die Kunden selbst weniger Parkplätze finden. Durch immer mehr Verkehr ist es für uns stressiger geworden. Gerade nach der schlechten Corona-Zeit dürfen wir uns aber heute nicht beschweren und müssen dankbar sein.

Sind Unternehmen wie Uber oder Bolt starke Konkurrenz?

Seit der rechtlichen Gleichstellung 2021 ist es für uns besser geworden. Es war auch davor nicht so schlecht, weil ich eine gute Zentrale habe, die mir einen Mercedes bereitstellt. Durch viele fixe Firmenkunden war Uber für uns eigentlich nur nachts Konkurrenz.

Was macht eine gute Taxlerin aus?

Respekt, sicheres Fahren und Schmäh. Wir sind für alle Menschen da, und mein Auto ist wie mein Zuhause: Wer einsteigt, ist mein Gast. 

Was ist das Schönste am Taxlerjob?

Freiheit. Egal ob ich am Taxistand Zeitung lese, schlafe oder Privates erledige: Ich liebe meinen Job und finde, es ist auch ein guter Beruf für Frauen. Ich kann meine Enkel abholen und fühle mich sicher. Nur einmal musste ich die Polizei rufen, weil ein Mann sich nicht anschnallen und dann nicht aussteigen wollte.

Reden oder schweigen Sie lieber während der Fahrt? 

Ich unterhalte mich gerne, aber nur, wenn die Kunden zuerst reden. Oft sind es Ältere, die Geschichten aus Wien erzählen – oder Betrunkene. Die meisten sind okay, aber wer zu frech ist, wird rausgeschmissen.

Wie sind Ihre Arbeitszeiten?

Ich arbeite in Teilzeit, also circa fünf bis sechs Stunden bei zwei freien Tagen. Meistens fahr ich tagsüber.

Was ist nachts anders?

Es fahren mehr junge Menschen Taxi. Aber dafür habe ich weniger Stress, weil kein Verkehr ist.
Und Red Bull oder Kaffee helfen, wach zu bleiben. 

Wie viel verdienen Sie?

Das kommt immer auf Saison, Glück und mein Arbeitspensum an. In Vollzeit kann das zwischen
1.000 und 2.000 Euro netto liegen. In Teilzeit bekomme ich aktuell etwa 600 Euro.

Hatten Sie ein besonders eindrückliches Taxi-Erlebnis?

Ich könnte ein ganzes Buch schreiben. Einmal hat mich ein Bub gebeten, ihn zu seinem Vater zu fahren, der dann bezahlt. Nachdem er ausgestiegen war, kam er nicht wieder. Die paar Euro waren mir egal, aber von einem Buben so dreist angelogen zu werden, hat mich getroffen. Ein anderes Mal fuhr ich einen Muslim ins Bordell. Der kam gar nicht damit klar, dass ihn eine Frau dort hinfährt. Wir haben es aber beide mit Humor genommen und die Fahrt durchgelacht. Karl-Heinz Grasser habe ich auch schon chauffiert. 

Gibt es Taxler, die absichtlich Umwege fahren?

Klar wollen wir Geld verdienen, aber auch niemanden verarschen. Einmal sollte ich zu einer Adresse direkt gegenüber vom Abholort fahren. Den Touristen habe ich dann darauf hingewiesen. Mir ist es lieber, wenn die Kunden zufrieden sind. 

Zahlen und Daten:

Pro Monat transportieren die Wiener Taxifahrer rund 2,4 Millionen Menschen.

7.000 Taxis von 2.800 Taxi-Unternehmen sind auf den Wiener Straßen unterwegs, davon ca. immer 4.000 bis 5.000 gleichzeitig. 

Mittlerweile gibt es 600 E-Taxis in Wien, Tendenz steigend.

Die Tarife setzen sich aus Grundbetrag (€ 3,8) sowie den Wegstrecken- (95 Cent/
Kilometer, ab fünf Kilometern 58 Cent) und Zeittarifen (58 Cent/Minute) zusammen.
Zwischen 23 und 6 Uhr erhöht sich der Grundbetrag auf € 4,3, die Tarife um jeweils 15 %.
Wer sein Taxi telefonisch oder online bestellt, zahlt zusätzlich zwei Euro. 

Quelle: Wirtschaftskammer Wien, Stadt Wien

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