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Weit überm Limit

Schon vor der Pandemie waren die Ressourcen für die Betreuung psychisch erkrankter Jugendlicher knapp. Nach zwei Jahren Covid-Maßnahmen sind die Lücken im System größer als je zuvor.

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Illustration:
Ūla Šveikauskait
DATUM Ausgabe März 2022

Als Lea* 2019 von Deutschland nach Wien zieht, ist sie eine der letzten Erstsemestrigen, die die Universität von innen sieht, mit Mitstudierenden nach den Vorlesungen tratscht. Sie findet Freundschaften, ein wohliger Kreis aus Gleichgesinnten formt sich um sie. Im zweiten Semester kommen die verschiedenen Lockdowns, Lea isoliert sich, verliert den Faden im Studium. Die depressiven Phasen, die sie aus ihrer Zeit als Jugendliche kennt, nehmen sich wieder mehr Platz in ihrem Leben. Im Sommer 2020 wird die Angst vor der Depression übermächtig. Das Leben zu beenden, wird zur Option, um vor den eigenen dunklen Gefühlen zu flüchten. Sie geht zu ihrer ersten Therapiestunde, kurz darauf stirbt ihr Vater bei einem Unfall. Bald kann sie nicht mehr schlafen, neben der Therapeutin geht sie jetzt auch zu einer Psychiaterin.

Es ist Ende Februar 2021, als beide Alarm schlagen: Lea soll stationär psychiatrisch versorgt werden. Auf die Psychiatrie für Erwachsene soll die Studentin mit ihren damals 19 Jahren nicht, da sind sich Therapeutin und Psychiaterin einig. Mit dieser Nachricht und ihrem Ansuchen im April bei der Klinik Hietzing wartet Lea fünf Monate, bis sie im September schließlich für sechs Wochen auf eine Station für junge Menschen von 16 bis 25 Jahren kommt.

Lea ist eine von vielen Jugendlichen aus allen Gesellschaftsschichten, die durch oder während der Pandemie ihr psychisches Gleichgewicht verloren haben. Im Februar vor einem Jahr befragten die Universität Wien und die Universität Krems rund 3.000 Schülerinnen und Schüler. 56 Prozent leiden unter einer depressiven Symptomatik, die Hälfte unter Ängsten, ein Viertel unter Schlafstörung und 16 Prozent haben suizidale Gedanken, kam dabei heraus. Die Häufigkeit der Symptome ist fünf- bis zehnmal so hoch wie vor der Pandemie, Tendenz steigend. Das hat das Netz, das junge Menschen mit psychischen Problemen auffangen soll, stark strapaziert – und Löcher sichtbar gemacht, die zum Teil schon seit Jahrzehnten niemand stopfte.

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