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Der Gegenspieler

Als Caritas-Manager war er das Feindbild von Wolfgang Schüssel. Jetzt soll er als Werner Koglers rechte Hand dafür sorgen, dass die Grünen neben Türkis nicht total verblassen. Sein Atout : Stefan Wallner nimmt sich auch nach innen kein Blatt vor den Mund.

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Fotografie:
Stefan Fürtbauer
DATUM Ausgabe Oktober 2020

Die Tagesordnung verheißt eine Routinesitzung : Keine strittigen Personalia oder Co­­vid-Gesetze, sondern nur ein paar  zustimmungspflichtige Formalitäten. Auch der vorletzte Punkt wurde so ohne jede Debatte durchgewunken : Österreichs Beitritt zum Europäischen Plastikpakt, durch den Plastikmüll reduziert werden soll. Kein politischer Heuler, aber die Grünen, die seit Re­­gierungsantritt mit dem Vorwurf leben, sich von den Türkisen unterbuttern zu lassen, wittern die Chance auf einen medialen Soloauftritt. Bei der vorabendlichen Choreografie-Besprechung gestehen die türkisen PR-Strategen Leonore Gewessler einen PR-Stunt bei der Ministerratssitzung auch ohne türkisen Zwilling zu. Die grüne Infrastrukturministerin absolviert tags da­rauf kurz vor Mittag tapfer ihren geplanten Lobgesang auf das Öko-Abkommen, wohlwissend, dass er null Nie­­derschlag finden wird. Eine Katastrophenmeldung in den frühen Morgenstunden hat alle Pläne über den Haufen geworfen.  

Die Politik der Grünen steht ab sofort greller denn je im Scheinwerferlicht, aber nicht wegen des Umgangs mit Plastikmüll, sondern wegen des Scherbenhaufens der europäischen Flüchtlingspolitik, dem brennenden Flüchtlingslager auf Lesbos.

› Die Bilder aus Moria machen tief betroffen ‹, sagt Gewessler.  Rasche Hilfe sei › ein Gebot der Menschlichkeit ‹. Flüchtlinge, zuvorderst Kinder, aus Moria aufzunehmen, bleibe › Position der Grünen ‹. 

Die Botschaft, die als Position der türkis-grünen Regierung hängen bleibt, ist eine total andere. › Gewaltbereite Migranten haben kein Recht auf Asyl ‹ (Karl Nehammer). › Das Geschrei nach Verteilung der Flüchtlinge ist nicht die Lösung ‹ (Alexander Schallenberg).

Einer, der an einem der ersten Septembertage sicht­­lich besonders leidet, steht nicht auf der Medienbühne. Stefan Wallner ist erst im Juni als Kabinettschef bei Werner Kogler eingerückt. Sein Auftrag : ein Gegengewicht zur übermächtigen türkisen Message-Kontrolltruppe aufzubauen. Sein Vorgänger, Dieter Brosz, war an dieser Herkulesaufgabe gescheitert. Dem 49-jährigen Wallner eilt nicht nur bei den Ökos der Ruf eines hemdsärmeligen Machers voraus. An diesem Tag spürt er nur Ohnmacht. › Für jemanden wie mich, der aus der Caritas kommt, ist es besonders schmerzhaft zu sehen und zu hören, wie empathielos mit einem der­­art sensiblen Thema umgegangen wird ‹, macht er sich in den Stunden danach im kleinen Kreis ein wenig Luft. › Hier wird eine von oben vorgegebene Linie beinhart exekutiert. ‹ 

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