›Putin hat die Grundregel der Mafia gebrochen‹

Bei den russischen Präsidentenwahlen im März gilt die Wiederwahl von Wladimir Putin als sicher.
Gibt es dennoch etwas, das uns überraschen könnte?

Mark Galeotti: Das unerwartete Auftauchen von Boris Nadeschdin als Gegenkandidat hätte noch interessant werden können. Es sah kurzfristig wie eine politische Herausforderung für den Kreml aus. 

Doch dann wurden viele Unterstützungsunter­schriften für seine Kandidatur nicht anerkannt. Musste der Kreml die Notbremse ziehen? 

Nadeschdin hätte ganz unterschiedliche Wählergruppen ansprechen können, die eines verbindet: Sie haben die Nase voll von dem, was in Russland vor sich geht. Nadeschdin kritisierte den Krieg in der Ukraine, allerdings aus pragmatischen und nicht aus moralischen Gründen. Er wollte Putin stürzen, schreckte aber davor zurück, Putin persönlich zu kritisieren. Er war vorsichtig und ich bin mir sicher, dass er vor der Ankündigung seiner Kandidatur Gespräche mit Leuten im Kreml geführt hatte, ob das in Ordnung sei. Sie entschieden sich zuerst für ›ja‹, weil sie ihn für keine Bedrohung hielten.  

Und dann bemerkte der Kreml seinen Irrtum?

Es gab viel Enthusiasmus rund um Nadeschdins Kandidatur. Der Mitte Februar verstorbene Alexej Nawalny hatte sich aus der Gefangenschaft heraus für seine Wahl eingesetzt. Ich denke, Nadeschdin wurde für den Kreml zu problematisch.