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Déjà-vu

Flüchtlinge wurden in Österreich und Deutschland noch nie willkommen geheißen. Über die Verlogenheit einer Diskussion.

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Illustration:
Diego Riselli
DATUM Ausgabe Juni 2018

Kritik an der gnadenlosen Flüchtlingspolitik zahlreicher europäischer Staaten wird oft mit dem Argument unterfüttert, der Kontinent, namentlich zentrale Gesellschaften wie die der Deutschen und Österreicher, hätten eine Art der Gefühlsverrohung hinter sich gebracht und alte Tugenden verdrängt. Meist meint man, an dem gewaltigen Strom der Vertriebenen, Flüchtlinge und Umgesiedelten, der sich in der letzten Phase und nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs aus verschiedensten europäischen Ländern in die Restgebiete des zerborstenen Dritten Reiches ergoss, demonstrieren zu können, dass es damals eine Art Willkommenskultur, und wenn nicht diese, doch eine besondere Bereitschaft gegeben habe, die überwältigende Zahl der Fremden aufzunehmen – wenn auch murrend. Diese Behauptung, diese oft rührselig beschönigende Sicht der Dinge ist falsch. Und in gewisser Weise für die letzten Überlebenden der Erlebnisgeneration entwürdigend, sahen deren Erfahrungen doch ganz anders aus.

Diese Feststellung ist umso ernüchternder, waren dies damals doch im Eigentlichen keine Fremden, sondern fast ausschließlich Menschen gleicher Sprache, geläufiger Kultur, Mentalität und Konfession sowie verwandter ethnischer Abkunft wie die der Aufnahmeregionen – und nicht wie heute Menschen aus höchst kontrastreicher ethnischer, religiöser und zivilisatorischer Herkunft. Im oft gesungenen Lobpreis, wie großartig die Nachkriegsgesellschaft Abermillionen von Flüchtlingen und Vertriebenen integriert habe, liegt also ein hohes Maß an Verlogenheit. Gewiss ist die Integrationsleistung des zermalmten Deutschland für Europa einzigartig, mehr als zwölf Millionen Menschen in ein zerrüttetes und zerstörtes Land einzugliedern. Dennoch gibt es dabei im Nachhinein wenig Grund, sich in die Brust zu werfen, denn freiwillig und herzlich war das Willkommen nicht.

Das, was wir heute etwas linkisch ›Willkommenskultur‹ nennen, gab es nicht, nicht in Deutschland und schon gar nicht in Österreich.

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