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›Jeder Tag ist eine Herausforderung‹

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Fotografie:
Ursula Röck
DATUM Ausgabe Oktober 2021

Name : Dr. Naghme Kamaleyan-Schmied (43)

Beruf : Hausärztin in Wien

 

Wieso haben Sie sich nach dem Medizinstudium dazu entschieden, Hausärztin zu werden?
Ich bin sozusagen in die All­gemeinmedizin hineingewachsen, denn auch mein Vater ist Hausarzt. Daher wurde mein In­teresse für die Medizin einerseits und für die Arbeit in einer Ordination andererseits schon als kleines Kind geweckt.

Was schätzen Sie an Ihrem Beruf ?
Es ist jeden Tag eine neue Herausforderung, denn ich betreue eine breite Palette an Patien­tinnen und Patienten : Kinder, Erwachsene, Alte, Junge, Männer, Frauen. Sie kommen mit den unterschiedlichsten Krankheitsbildern und Symptomen zu mir. Das macht meinen Beruf immer spannend, aber auch herausfordernd.

Was ist das Schönste und was ist das Herausforderndste am Hausarztberuf?
Das Schönste ist, wenn ich über Generationen behandle. Wenn man das Baby sieht, ­dessen Mutter man in der Schwangerschaft mitbetreut hat. Wenn ich sehe, wie die ­Kinder groß werden. Wenn sie dann plötzlich größer sind als ich, frage ich manchmal : Darf ich noch › du ‹ sagen? Aber das ist zugleich auch das herausforderndste: Wenn die Oma stirbt, die man schon zehn Jahre betreut hat, tut das viel mehr weh, als wenn es jemand im Spital ist, den man gar nicht gekannt hat.

Sind Sie ab und zu auch der erste Ansprechpartner für psychische Leiden Ihrer Patienten?
Nicht nur ab und zu, sondern sehr oft. Menschen erzählen von allen möglichen Symptomen, kaum einer kommt zu mir und sagt klar : Ich bin depressiv. Das muss man aus den Patientinnen und Patienten erst herauskitzeln und sie behutsam dorthin führen. Wir sind dann diejenigen, die den Patientinnen und Patienten sagen : Hoppala, da geht was in die falsche Richtung. Am Anfang sind sie dann manchmal ein bisschen böse oder wollen es nicht wahrhaben. Aber letztendlich wissen sie, dass jemand auf sie schaut, und das nehmen sie dann auch dankbar an.

Wie anstrengend ist Ihr Beruf?
Ärztin zu sein, für kranke Menschen da zu sein, ist für mich der schönste Beruf und macht mir unglaublichen Spaß. Es ist eher das Rundherum, das belastet : Der unglaubliche bürokratische Aufwand, etwa mit den Abrechnungsmodalitäten mit den Krankenkassen, den wir nach der Patientenbetreuung noch abarbeiten müssen. Da gäbe es viel Reformbedarf.

Was verdient man als Hausärztin im Monat ungefähr?
Das ist eine schwierige Frage, weil jeder Hausarzt die Ordination anders aufgestellt hat. Je größer die Ordination, je mehr Patienten man betreut, umso mehr verdient man. Allerdings braucht es dann auch mehr Personal, größere Ordinationsräumlichkeiten, dementsprechend sind dann auch die Betriebskosten höher. Derzeit bekommt eine Kassen-Allgemeinmedizinerin in Wien im Quartal rund 55  Euro pro Patientin oder Patient, egal wie oft diese die Ordination besuchen. Verdient wird davon aber nur ein Bruchteil, weil dieses Geld auch noch versteuert werden muss und die laufenden Kosten abgezogen werden müssen. Grundsätzlich bleiben etwa 20 Prozent der Einnahmen. Das sind dann elf Euro pro Patientin oder Patient im Quartal. •