›Zum Glück habe ich abgelehnt‹

Über neue Jobs, 007 und den Kellner-Effekt.

Interview:
Stefan Apfl
·
Interviewter:
Rainer Nowak, Chefredakteur ›Die Presse‹
DATUM Ausgabe September 2017

Sie sind auffallend gebräunt. Passt überhaupt nicht zu Ihnen.
Wie bitte!?

Ihrem Beruf und Ihrer Belastung nach sollten Sie blass und beaugenringt sein.
Ich war drei Wochen auf Italienurlaub mit den Kindern. Ich saß den ganzen Tag am Strand und habe gelesen.

Was?
Michael Connelly, Paul Austers nicht mehr ganz neues Werk, die Augustus-Biographie.

Sie haben natürlich auch Zeitung gelesen.
Natürlich, am Strand hatte ich Internet.

Der Standard hat während Ihres Urlaubs einen Nachfolger für Frau Föderl-Schmid berufen: Martin Kotynek.
Ich nehme den Mann sehr ernst, der kann digital was. Es ist auch kein Geheimnis, dass ich ihn wegen allfälliger Zusammenarbeit das ein oder andere Mal getroffen habe.

Was würden Sie ihm raten?
Dasselbe, was mir seine Vorgängerin geraten hat, als ich bei der Presse übernommen habe: ›Erstens, Alexandra. Zweitens, Augen zu und durch, die ersten Monate sind die Hölle. Und drittens, wenn du dich austauschen willst, ruf mich an.‹

Die ersten Monate waren die Hölle?
Es braucht eine Zeit, bis man sich in solch einer Position spürt und sich wohl fühlt. Anfangs geht man buchstäblich gebückt unter dem Gewicht. Man muss sozusagen schnell werden, was man als Chefredakteur sein muss. Wahnsinnig viele sind freundlich, wollen sich als Berater und Freunde ins Spiel bringen. Erst nach Jahren erfährt man, wer hinter dem Rücken schlecht spricht. Gott sei Dank weiß man das zeitgleich nicht.

Mit Rudolf Taschner und Martin Engelberg kandidieren zwei Presse-Kolumnisten für die ÖVP. Ist die ›Presse‹ die neue Vorfeldorganisation der Kurz-Bewegung?
›Quergeschrieben‹-Autoren werden auf die Weihnachtsfeier eingeladen und schauen einmal im Jahr in meinem Büro vorbei. Meine Herausforderung ist, dass ich die beiden nun nachbesetzen muss. Ich kann Frau Lunacek nur inständigst bitten, Sibylle Hamann kein Angebot zu machen! Dann habe ich nämlich wirklich ein Problem. So viel zur Vorfeldorganisation.

Wäre ein Wechsel in die Politik für Sie vorstellbar?
Prinzipiell schon. Jetzt nicht.

Im Google-Zeitalter muss man aufpassen, was man ausschließt.
Die Meinung und das Leben zu ändern, steht jedem Menschen frei. Ich gehöre aber aber auch nicht zur Was-kümmert-mich-mein-Geschwätz-von-gestern-Fraktion.

Ein schmaler Grat. Daniel Craig, der gesagt hat, er schneidet sich eher die Puls­adern auf, als noch einmal den Bond zu spielen, kehrt nun doch als Bond zurück.
Eine gute Nachricht für die Welt. Er ist der beste Bond, den es je gab.

Idris Elba als schwarzer Bond wäre schon eine Ansage gewesen.
Das ist ja keine US-Präsidentschaft! Wenn man Fleming gelesen hat, weiß man, dass Bond ein harter, brutaler, frustrierter, skrupelloser Typ ist. Da ist Craig die einzig ideale Besetzung. Auf die Connery-Mehrheitsmeinung gebe ich nichts. Und der Australier George Lazenby war nicht so schlecht wie alle getan haben.

Hatten Sie ein Angebot aus der Politik?
Mit sehr, sehr jungen Jahren hatte ich das Angebot, Kommunikationschef einer Partei zu werden. Zum Glück habe ich abgelehnt.

Wissen Sie schon, wen Sie wählen werden?
Ich bin weit davon entfernt, ein Grünwähler zu sein, aber Frau Lunacek ist eine redliche Person. Ich halte die Notwendigkeit einer liberalen Partei im Land für eine hohe. Und ich halte den Antrieb und den Veränderungswillen von Sebastian Kurz für authentisch. Einer dieser drei wird es werden. Ich mache das wie im Restaurant: Wenn der Kellner kommt, klappe ich die Speisekarte auf und entscheide mich sofort.

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