Generation Krieg

Der brutale Angriff der Hamas vor einem halben Jahr hat einen erbarmungslosen Konflikt ausgelöst. Die Verlierer stehen fest: Es sind die Kinder auf beiden Seiten.

DATUM Ausgabe April 2024

Das einstige urbane Zentrum im Norden Gazas hat sich in eine postapokalyptische Ruinen-Landschaft verwandelt. Die hier verbliebenen 300.000 Menschen sind einem gnadenlosen Überlebenskampf ausgesetzt. Sie ziehen rastlos von einem provisorischen Verschlag zum anderen, verzweifelt auf der Suche nach Lebensmitteln. Die wenigen Kliniken bieten gerade noch erste Hilfe an. 

Hier strandeten hunderte völlig ausgezehrte Kinder, 23 sind bis Ende März an Unterernährung und Dehydration verstorben. Berichte der wenigen lokalen Journalistinnen und Journalisten ergeben ein Bild des Schreckens. Viele Familien, erzählen sie, essen nur noch einmal am Tag und dann meist dünne Suppen aus Gräsern und Blättern von Büschen, schlagen sich mit Resten von Tiernahrung durch. Der mehrfache Vater Mohammed al-Mahoun wandte sich verzweifelt an eine Reporterin. Seine zweijährige Tochter Sila sei so schwach, dass sie nicht mehr gehen könne. ›Sie begann Blut zu erbrechen, als wir ihr Brot gaben, das wir mit gemahlenem Kaninchenfutter gebacken haben.‹ 

Auch in Rafah, im Süden Gazas, dem letzten einigermaßen sicheren Zufluchtsort, ist die Ernährungslage nach einem halben Jahr Krieg kritisch geworden. 1,8 Millionen Menschen sind hierher vor den Kämpfen geflohen. Gestrandet im Nichts. Erschöpft nimmt der, in Rafah tätige, Arzt Bashar Abdalq die Antworten auf die Interviewfragen mit seinem Mobiltelefon auf. Ein direktes Gespräch ist unmöglich: Dienste, die über 24 Stunden dauern, ein Notfall nach dem anderen, all das nimmt ihn fast völlig in Beschlag. Auch er muss mehr und mehr schwer unterernährte Kinder behandeln. 

Auf die Frage, was er am dringendsten brauchen würde, sagt er aber: ›Ein Krankenhaus. Einfach eine ganze Krankenhaus-Ausrüstung von oben bis unten.‹ Auch er selbst isst kaum noch. ›Ich bekomme nichts bezahlt, und die Preise für die wenigen verfügbaren Lebensmittel sind horrend.‹ 

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