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›Für mich ist Mama wie ein Zauberwort‹

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Fotografie:
Ursula Röck
DATUM Ausgabe März 2020
Name : Sonja (42) und Josef Bohrn (40)
Beruf : Krisenpflegeeltern in Wien-Donaustadt
Was sind Ihre Aufgaben?
S.Bohrn: Wir betreuen – zusätzlich zu unserem Pflegesohn und unserer leib­lichen Tochter – immer vier Kinder unter drei Jahren aus Krisensituationen. Meist geht es um Vernachlässigung. Das tun wir, bis ihre leiblichen Eltern stabil genug sind, um sich wieder zu kümmern, oder sie zu Pflege­eltern oder in WGs kommen. Wir haben jetzt innerhalb von sieben Jahren 56 Kinder gehabt.
Wie erklären Sie den Kindern, dass sie da sind?
S.Bohrn: Ich sage immer: Sie machen nur Urlaub bei uns. So habe ich es auch meinen Kindern beigebracht. Die Kri­sen­kinder erholen sich nur bei uns.
Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?
S.Bohrn: Als wir unseren Pflegesohn von einer Krisenpflegemutter übernahmen, wusste ich: Irgendwann mache ich das. Dann bin ich doch noch mit meiner Tochter ­­schwan­ger geworden. Als sie in der Volksschule war, habe ich mit einem Krisen­kind angefangen.
Und Sie, Herr Bohrn?
J.Bohrn: Ich war U-Bahn-Fahrer. Hatte Nachtdienste, bin um halb zwei heimgekommen. Dann habe ich gesagt: Wäre doch leiwander, wenn wir es zu zweit machen. So können wir uns entlasten und unterstützen.
Wie ist das, wenn ein neues Kind zu Ihnen kommt?
S.Bohrn: Wir bekommen einen ­Anruf und erfahren ein bisschen vom Hinter­grund des Kindes, Geschlecht, Alter, die Kleidergröße. Eine Stunde später ist es da.
Was mögen Sie an Ihrem Beruf?
S.Bohrn: Ich bin immer daheim bei meinen Kindern. Und zu beobachten, wie viel die Kinder in dem kurzen ­Zeitraum lernen. Sie sind andere Kinder, wenn sie wieder gehen.
Wie ist die Trennung für Sie?
S.Bohrn: Es tut immer weh, aber man lernt, damit umzugehen. Dann helfe ich dem nächsten Kind.
Hören Sie danach noch von ihnen?
S.Bohrn: Wir machen jedes Jahr einen Tag der offenen Tür. Da ist dann wirklich Full House, 25 bis 30 Kinder plus Geschwister und Eltern. Es ist schön zu sehen, wie sie sich weiterent­wickeln.
Man hört oft, es gäbe einen ­Mangel an Krisenpflegeeltern. Warum?
S.Bohrn: Ich glaube, es wird zu wenig Werbung gemacht.
J. Bohrn: Na ja, du arbeitest täglich 24 Stunden von Montag bis Sonntag. Man ist halt doch ge­bunden.
Wie viel verdienen Sie?
S.Bohrn: Jeweils 1.135 Euro netto. Da ist man verpflichtet, zwei Kinder zu nehmen. Zusätzlich eine Aufwandsentschädigung pro Kind pro Tag für Gewand und Essen.
Was ist die goldene Regel für die Kindererziehung?
S.Bohrn: Rituale sind ganz wichtig. Jeder sitzt beim Essen auf seinem Platz, hat sein Bett und seine Flasche. Das gibt Struktur und Halt.
Die Kinder nennen Sie Tante und Onkel, habe ich mitbekommen.
S.Bohrn: Ja, uns ist das wichtig. Mama, das sollen sie zur leiblichen Mutter sagen oder dann bei einem ­fixen Pflegeplatz. Für mich ist das wie ein Zauberwort: Mama. •